Börsenhändler an der Frankfurter Börse.
marktbericht

Ölpreise ziehen an Keine Panikverkäufe an den Börsen

Stand: 23.06.2025 09:39 Uhr

Die Kursverluste im DAX nach dem US-Angriff auf den Iran halten sich in Grenzen. Es gibt zunächst gar keine Anzeichen für Panikverkäufe. Sind die Anleger zu optimistisch? Kommt das bittere Erwachen erst noch?

Kursverluste ja, Panikverkäufe nein: Die erste Reaktion an den Börsen auf die US-Angriffe auf den Iran fällt verhalten aus. Der DAX büßt zwar in den ersten Handelsminuten 0,5 Prozent auf 23.242 Punkte ein. Von einem Ausverkauf ist er damit aber meilenweit entfernt.

Die Börsen hätten sich - "so hart es klingt" - an das Thema Krieg gewöhnt, weshalb viele Investoren diese Entwicklung nicht als Verkaufssignal sehen, kommentiert Kapitalmarktstratege Jürgen Molnar vom Broker RoboMarkets das Marktgeschehen.

Zudem hoffen offenbar einige Anleger, dass der Iran nach dem Angriff und der möglichen Zerstörung seiner Atomanlagen einen Rückzieher machen oder dass sogar ein Regimewechsel eine weniger feindselige Regierung an die Macht bringen könnte.

Doch diese Hoffnungen könnten sich als zu optimistisch erweisen, entsprechend hoch bleibt die Fallhöhe an den Börsen. Hinzu kommt: Frühere Anzeichen von möglichen Regimewechseln in der Region hatten in der Regel zu einem Anstieg der Ölpreise um bis zu 76 Prozent und im Laufe der Zeit um durchschnittlich 30 Prozent geführt. Darauf weisen die Analysten von JPMorgan hin.

Tatsächlich stellen die Ölpreise kurzfristig wohl den größten Risikofaktor für die Weltwirtschaft und die Börsen dar. Ein Anstieg des Preises für das "schwarze Gold" würde die Inflation weltweit in die Höhe treiben und gleichzeitig das Wirtschaftswachstum dämpfen. Das würde wiederum für eine Flucht der Anleger aus Aktien sorgen.

Der DAX bleibt kurzfristig extrem Schlagzeilen getrieben - alles hängt nun von der Antwort Teherans auf die US-Angriffe ab. "Das große Risiko besteht nicht in dem, was passiert ist, sondern darin, was folgen wird", betont Marktexperte Stephen Innes von SPI Asset Management.

Aus technischer Perspektive kommt weiterhin der Ausbruchszone bei 23.400/23.300 Punkten eine absolute Schlüsselrolle zu. Sollte der DAX sie zurückerobern können, wäre damit das Ärgste am deutschen Aktienmarkt abgewendet. Auf der Unterseite definiert das Vorwochentief bei 23.051 Punkten eine wichtige Haltezone.

Die erhöhten geopolitischen Risiken spiegeln sich derweil einmal mehr am Ölmarkt wider. Der Preis für die Nordseesorte Brent steigt aktuell um 0,7 Prozent auf 75,99 Dollar je Barrel (159 Liter), während der Preis für die US-Sorte WTI ebenfalls um 0,7 Prozent auf 74,35 Dollar anzieht. Beide Ölsorten waren zuvor mehr als drei Prozent auf 81,40 Dollar beziehungsweise 78,40 Dollar gestiegen und hatten damit jeweils ein Fünfmonatshoch erreicht.

Im Fokus der Ölanleger steht weiterhin die Wasserstraße von Hormus, über die etwa ein Viertel des weltweiten Ölhandels und 20 Prozent der Flüssiggaslieferungen laufen. Sollte der Iran die Passage durch die Straße von Hormus blockieren, so hätte dies massive Folgen für den Ölmarkt.

Die Bank Goldman Sachs erklärte in einem Bericht vom Sonntag, dass die Sorte Brent kurzzeitig einen Höchststand von 110 Dollar pro Barrel erreichen könnte, wenn die Ölströme durch die kritische Wasserstraße einen Monat lang halbiert würden, und in den folgenden elf Monaten um zehn Prozent niedriger bleiben würde.

Leicht negative Impulse für den Aktienhandel in Europa kommen von den asiatischen Aktienmärkten. In Tokio gab der Nikkei-Index 0,1 Prozent auf 38.354 Punkte nach, der breiter gefasste Topix notierte 0,4 Prozent niedriger. In China legten die Börse Shanghai und der Index der wichtigsten Unternehmen in Shanghai und Shenzhen zwar zu, die Gewinne fielen aber eher gering aus.

Die Wall Street dürfte mit Kursverlusten auf die Entwicklungen am Wochenende im Nahen Osten reagieren. Die US-Futures liegen aktuell leicht im Minus. Vor dem Wochenende hatte der US-Standardwerteindex Dow Jones kaum verändert bei 42.206 Punkten geschlossen. Der breit gefasste S&P 500 verlor 0,2 Prozent, und der technologielastige Nasdaq gab 0,5 Prozent nach.

Der Devisenmarkt sendet am Morgen keine Krisensignale. Der Euro notiert im frühen Handel bei 1,1504 Dollar und damit wieder in etwa so hoch wie vor dem Wochenende. Der Dollar, der angesichts der stark gestiegenen geopolitischen Spannungen in den vergangenen Tagen seinen Status als sicherer Hafen wieder zurückgewinnen konnte, profitierte von den Entwicklungen im Nahen Osten am Wochenende nur kurzzeitig. Für frische Impulse könnten im weiteren Handelsverlauf nun noch die Einkaufsmanagerindizes für Deutschland und die Eurozone sorgen.

Der Goldpreis, der in einer ersten Reaktion auf die US-Angriffe auf den Iran noch einen Satz nach oben bis auf 3.398 Dollar gemacht hatte, sendet mittlerweile ebenfalls Entspannungssignale: Aktuell kostet eine Feinunze des gelben Edelmetalls 3.354 Dollar und damit sogar etwas weniger als vor dem Wochenende.

Auch ein Blick auf den Markt für Kryptowährungen zeigt: Die Anleger sind von Panik noch weit entfernt. Der Bitcoin kann sich zum Wochenstart wieder etwas von den Verlusten am Sonntag und den Tagen davor erholen. Die älteste und bekannteste Kryptowährung kostet am Morgen wieder etwas mehr als 101.000 Dollar, nachdem sie noch bis auf fast 98.000 Dollar abgerutscht war.

Der Bitcoin steht seit dem Beginn des Kriegs zwischen Iran und Israel unter Druck, der Kurs gab seitdem um rund sieben Prozent nach und ist damit ein Spiegelbild der steigenden Risikoaversion der Anleger.

Am deutschen Aktienmarkt stehen nach dem US-Angriff auf den Iran einmal mehr die Rüstungswerte im Fokus. Papiere von Rheinmetall, Renk und Hensoldt sind enorm gefragt. Nach den starken Kursgewinnen der vergangenen Monate ersetzt der Rüstungskonzern Rheinmetall zudem ab heute den Luxuswarenhersteller Kering im Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50. Allein 2025 hat Rheinmetall bereits rund 200 Prozent Kursgewinne verbucht.

Der Internetdienstleister Ionos aus dem United-Internet-Konzern steigt heute in den Börsenindex MDAX der mittelgroßen Werte auf. Dort ersetzt das Unternehmen den Technologiekonzern Jenoptik, der im Gegenzug den Abstieg in den Kleinwerteindex SDAX antreten muss.

Im SDAX ersetzen zudem als Neulinge die Beteiligungsgesellschaft Mutares und der IT-Dienstleister Nagarro den Biokraftstoffhersteller Verbio und das Spezialpharmaunternehmen Medios, die aus dem Index herausfallen. Änderungen im DAX gibt es keine.

Der Elektroauto-Hersteller Tesla hat mit dem Start fahrerloser Taxis auf den Straßen der Stadt Austin im US-Bundesstaat Texas begonnen. Tesla-Chef Elon Musk schrieb auf der Plattform X, der "Robotaxi-Start" beginne mit Fahrten für eine Pauschalgebühr von 4,20 Dollar. Tesla plant, etwa zehn Fahrzeuge mit Beifahrern einzusetzen, die als "Sicherheitsüberwacher" mitfahren.

Mit Informationen von Angela Göpfert, ARD-Finanzredaktion.