Eine Frau schaut am Arbeitsplatz auf ihre Uhr.

Sabbatical oder früher in Rente? Mehr Flexibilität mit Arbeitszeitkonten

Stand: 20.06.2025 06:28 Uhr

Arbeitszeit, das ist für viele Menschen schon lange nicht mehr der klassische Acht-Stunden-Tag. Mehr Flexibilität bei der Arbeitszeit, dafür kann auch ein so genanntes Arbeitszeitkonto genutzt werden.

Von Andreas Braun, ARD-Finanzredaktion

Flexibel arbeiten? Für ein paar Monate aus dem Job aussteigen? Angehörige pflegen oder gar früher in die Rente starten? Mit einem Arbeitszeitkonto ist das möglich.

Mit einem solchen Konto kann man gewissermaßen Zeit auf die "hohe Kante" legen. Wer mehr arbeitet, kann gesammelte Plusstunden später nutzen. Solche Mehrarbeit kann das Arbeitszeitkonto über Monate oder sogar viele Jahre auffüllen.

Auch Geld kann aufs Zeitkonto fließen

Aber nicht nur Arbeitszeit kann ins eigene Konto fließen, wie Klaus Morgenstern vom Deutschen Institut für Altersvorsorge erklärt: "Es können auch Gratifikationen eingebracht werden, wie zum Beispiel Urlaubsgeld oder Weihnachtsgeld. Auch Boni oder Prämien, die der Arbeitgeber vielleicht einmal im Jahr zahlt, können ins Arbeitzeitkonto 'eingezahlt' werden." Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können darüber hinaus auch aus dem laufenden Gehalt Rücklagen bilden, wenn das die Ausgestaltung des Arbeitszeitkontos zugelässt.

Für die Mitarbeitenden bietet das Konto also die Möglichkeit, Zeit zu sparen und dann zu nutzen, wenn sie gebraucht wird. Zum Beispiel, um die lange geplante Auszeit zu nehmen, sei es für ein "Sabbatical" oder eine lange geplante Reise.

Vorteil im Wettbewerb um Mitarbeiter

Aber auch für die Unternehmen bietet ein solches Lebensarbeitszeit-Konto Vorteile, sagt Andreas Peiter, Arbeitszeit-Experte bei der R+V Versicherung: "Für Arbeitgeber entsteht damit die Möglichkeit, sich attraktiv aufzustellen und Mitarbeitenden die Möglichkeit zu geben, individuell ihre Lebensarbeitszeit zu gestalten". Damit könnten sie nicht nur früher in den Ruhestand gehen, sondern auch die sogenannten gesetzlichen "Freistellungszwecke" zu nutzen, "also zum Beispiel eine längere Freizeit zu nehmen, etwa für die Pflege der Eltern."

Auf Lebensarbeitszeitkonten werden alle "Einzahlungen" in Geld umgerechnet, so Peiter: "Das heißt, wenn ein Mitarbeiter heute fünf Überstunden einbringt oder vielleicht zwei Urlaubstage, dann wird diese Zeit umgerechnet in Geld, wird dann auf dem Arbeitszeitkonto geparkt und verzinst sich ganz normal." Wenn dann eine "Entnahme" vom Konto stattfindet, etwa um eine längere Auszeit durch das Arbeitszeitkonto abzudecken, findet eine Rückumrechnung in Zeit statt.

Kein Rechtsanspruch auf Zeitkonten

Einen Anspruch auf ein Arbeitzeitkonto haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht - im Gegensatz zum Beispiel zur betrieblichen Altersvorsorge, die von Unternehmen verpflichtend angeboten werden muss. Gesetzliche Grundlagen für ein Arbeitszeitkonto bietet einerseits das "Gesetz zur sozialrechtlichen Absicherung flexibler Arbeitszeitregelungen", das so genannte Flexi II-Gesetz. Es ermöglicht in der aktuellen Fassung von 2009, Arbeitszeit über einen längeren Zeitraum zu sparen.

Das Arbeitszeitgesetz sorgt wiederum dafür, dass auf dem Lebensarbeitszeitkonto nicht unbegrenzt viele Stunden angesammelt werden dürfen. Damit sollen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geschützt werden.

Arbeitnehmende und Arbeitgeber müssen bei der Einführung von Arbeitszeitmodellen also an einem Strang ziehen, meint auch Vorsorge-Experte Morgenstern: "Die Voraussetzung ist, dass der Arbeitgeber ein Zeitwertkonto eingerichtet hat. Und dann kann jeder für sich selbst entscheiden: Trägt er dort Lohnbestandteile ein oder macht er es nicht?" In jedem Fall müsse sich der Arbeitgeber zunächst für eine solche Lösung entscheiden.

Externe Anbieter übernehmen die Verwaltung

Bislang sind es in Deutschland nur rund ein Zehntel aller Unternehmen, die Lebensarbeitszeit-Konto im Angebot haben. Viele scheuen noch den Aufwand, die Konten einzurichten und sie fortlaufend zu betreuen.

Dabei können Arbeitszeitkonten komplett aus dem Unternehmen ausgelagert werden, zum Beispiel an eine Versicherung. Große Versicherungsunternehmen legen dabei das angesammelte Kapital an, das zu üblichen Zinsen garantiert wird. Sie sorgen außerdem für die Verwaltung der Arbeitszeitkonten. Und nicht zuletzt sorgen sie auch für einen Insolvenzsschutz. Sollte also das Unternehmen in finanzielle Schwierigkeiten geraten, sind die Rücklagen gesichert.

Guthaben auch bei Jobwechsel und Insolvenz sicher

Beim Jobwechsel können Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Ersparnisse in Geld und Zeit grundsätzlich zu einem neuen Arbeitgeber übertragen lassen. Dies funktioniert allerdings nur dann reibungslos, wenn die neue Firma ein ähnliches Modell anbietet oder wenn das Konto über einen externen Anbieter verwaltet wird.

Alternativ kann das Guthaben auf Antrag an die Deutsche Rentenversicherung übertragen, die es bis zum Rentenantritt treuhänderisch verwaltet. Als dritte Möglichkeit kann das Guthaben auf dem Lebensarbeitszeitkonto auch ausgezahlt werden. Dabei besteht allerdings grundsätzlich eine Steuerpflicht.