Alfred Brendel (Archivbild: 18.12.2008)

Im Alter von 94 Jahren Pianist Alfred Brendel gestorben

Stand: 17.06.2025 19:43 Uhr

Der Pianist Alfred Brendel ist mit 94 Jahren in seiner Wahlheimat London gestorben. Er gilt als einer der bedeutendsten Musiker des 20. und 21. Jahrhunderts. Brendel schrieb auch Bücher - mit hintersinnigem Humor.

Er war einer der ganz großen Pianisten und gilt als einer der bedeutendsten Musiker des 20. und 21. Jahrhunderts: Alfred Brendel ist tot. Vom Konzertbetrieb hatte er sich schon vor Jahren zurückgezogen. Doch immer wieder machte er mit seinen Büchern von sich reden - mit hintersinnigem Humor. Selbst über den Tod konnte er sich lustig machen. Nun starb Brendel im Alter von 94 Jahren in seiner Wahlheimat London, wo er mehr als 50 Jahre gelebt hatte.

Pianist mit "Zweitberuf"

Pianisten, die Bücher schreiben, und dann noch mit Humor, sind eine Rarität. Brendel veröffentliche in seinem "Zweitberuf" skurril-groteske Gedichte, in denen Musik und das Piano natürlich eine Rolle spielten. "Ein Finger zuviel" hieß der erste Band, in dem es unter anderem um den imaginären dritten Zeigefinger geht, den der Pianist nutzt - um schwierige Passagen anzukündigen oder den Huster im Saal zu tadeln. In einem anderen Gedicht wird erzählt, wie der Verpackungskünstler Christo die "Drei Tenöre" um den Balkon des Mailänder Opernhauses La Scala wickelt.

Beethoven, Schubert und Haydn

Brendels Klavierkarriere dauerte über fünf Jahrzehnte. Seine Lieblingskomponisten, die er immer wieder spielte, waren Beethoven, Schubert und Haydn. Er war der erste Pianist, der Beethovens Klavierwerke komplett aufnahm. Aber auch als Liedbegleiter fungierte er, etwa für Dietrich Fischer-Dieskau.

Brendel war 1931 im nordmährischen Wiesenberg (heute in Tschechien) zur Welt gekommen. Er hat Deutsche, Österreicher sowie Italiener und Slawen als Vorfahren. Als er drei war, zogen die Eltern an die kroatische Adriaküste. 

Kein Wunderkind, keine Allüren

Brendel, dessen Eltern keine Musiker waren, sieht sich nicht als Wunderkind. Seine erste Begegnung mit der Musik habe er mit drei Jahren gehabt, erzählte er im Rückblick: Als er im Hotel seines Vaters für die Gäste Schallplatten auflegte.

Später besuchte er die Schule in Zagreb, wo er mit sechs Jahren den ersten Klavierunterricht bekam. Es folgte ein Studium am Konservatorium in Graz, später in Wien. Im Alter von 17 Jahren gab Brendel in Graz sein erstes öffentliches Konzert. Seine internationale Karriere begann 1949. 1950 zog er endgültig nach Wien, 1970 übersiedelte er nach London.

Eine weitere Besonderheit: Zeit seines Lebens galt Brendel als ausgesprochen uneitler Musiker. Allüren waren ihm fremd, großmächtige Selbstdarsteller auf der Bühne waren ihm ein Graus. Groß und hager, ein wenig nach vorne gebeugt, stets die altmodische dicke Brille auf der Nase - so kannte ihn sein Publikum. Kritiker lobten, er habe niemals extrem gespielt, immer mit dem rechten Maß.