
Thüringen Wie das Kunsthaus Apolda zur Erfolgsgeschichte wurde
Als Nachbarstadt von Weimar mit Kultur zu glänzen, ist keine leichte Aufgabe. In Apolda hat man es geschafft. Seit 30 Jahren werden im Kunsthaus Ausstellungen mit namhaften Künstlern veranstaltet: Werke von Picasso, Andy Warhol oder auch Karl Lagerfeld waren schon zu sehen. Es funktioniert dank viel ehrenamtlichem Engagement und privater Sponsoren. Am Samstag wird das Jubiläum nun groß gefeiert.
- Seit 1995 lockt das Kunsthaus Apolda jährlich tausende Besucherinnen und Besucher in die thüringische Stadt.
- Immer wieder überzeugt das Haus mit spektakulären Ausstellungen – etwa von Karl Lagerfeld.
- Allerdings ist für den 75-jährigen Geschäftsführer noch keine Nachfolge gefunden worden.
Ein Dienstagvormittag im Kunsthaus Apolda: Keine typische Zeit für einen Museumsbesuch, und dennoch ist einiges los. Die aktuelle Schau zu Picasso und Jean Cocteau trifft offenbar einen Nerv. Angesprochen auf den Publikumsverkehr kann sich, ganz oben in einem spartanischen Büro unterm Dach, Hans-Jürgen Giese ein breites Grinsen nicht verkneifen. Man habe im vergangenen Jahr mit 37.000 Gästen einen Besucherrekord erzielt: "Ich kann es nicht anders sagen: Es läuft richtig gut."
Giese hat früher das hiesige Kulturamt geleitet. In der Rente macht er nun den Job als Geschäftsführer des Kunsthauses einfach weiter. Von Anfang an ist er dabei und erzählt, wie kurz nach der Wende in Apolda der Traum von einem eigenen Kunstort aufkam. Als dann das Landratsamt die frühere Dienstvilla zur Verfügung stellte, gab es kein Halten mehr: "Alle haben mitgemacht", schmunzelt Giese, "ABM-Kräfte, Handwerker, Ausbildungsbetriebe. Jeder hat versucht, sich einzubringen und war stolz. Im Sinne von – jetzt zeigen wir es denen in Weimar mal ein bisschen."

Hans-Jürgen Giese kann Dutzende Geschichten von Ausstellungscoups im Kunsthaus Apolda erzählen.
Ich kann es nicht anders sagen: Es läuft richtig gut. Hans-Jürgen Giese, Geschäftsführer Kunsthaus Apolda |
Modezar Karl Lagerfeld in Thüringen zu Gast
Am 12. Juni 1995 öffneten sich die Türen, für ein Kunsthaus ohne eigene Sammlung. Jede Sonderausstellung muss seitdem deswegen völlig neu organisiert werden. Zusammen mit dem Trägerverein hat Giese in den vergangenen 30 Jahren den ein oder anderen Coup gelandet, zum Beispiel als 2005 Karl Lagerfeld für eine Fotoausstellung nach Apolda kam: "14 Fernsehstationen waren hier draußen. Das war Wahnsinn! Keiner hat verstanden, was der in Apolda macht. Aber das ist gerade der Marketingeffekt."
Marketing ist alles, das hat man in Apolda verinnerlicht. Immer wieder kommen Namen im Ausstellungsprogramm vor, die für Wirbel sorgen und das Publikum anziehen. Gleichzeitig wird aber auch mal einer Künstlerin wie Cornelia Schleime die Gelegenheit gegeben, das ganze Haus zu bespielen. Diese Mischung kommt an – auch bei der Sparkassenkulturstiftung Hessen-Thüringen, die das Kunsthaus schon lange finanziell unterstützt. Deren Geschäftsführer Jörg Klinge lobt es als "sehr gutes Beispiel" dafür, dass man auch in kleinen und mittelgroßen Städten ein anspruchsvolles Ausstellungsprogramm positionieren könne.

Karl Lagerfeld eröffnete 2005 eine Fotoausstellung im Kunsthaus.
Ohne private Geldgeber geht nichts
Rund ein Drittel bis die Hälfte der Ausstellungskosten werden mittlerweile über privates Sponsoring finanziert, ein enormer Betrag, ohne den in Apolda wohl bald das Licht ausgehen würde: "Ich fahre herum, bettle und veruche die Leute zu überzeugen", schildert Geschäftsführer Giese. Man müsse die Herzen der Geldgeber gewinnen. Und das sei gar nicht so einfach.
So ist er über die Jahre zum Profi-Netzwerker geworden, auch, um Ausstellungen überaupt erst an Land zu ziehen. Dutzende Geschichten kann er hier mittlerweile erzählen, wie die von der Warhol-Schau im Jahr 2018: "Ich habe penetrant nachgefragt, immer wieder nachgehakt, bis ich den Leihgeber dieser bestimmten Sammlung ausfindig gemacht hatte. Dann habe ich mich ins Auto gesetzt, bin hingefahren und habe ihn überzeugt, seine Schätze nach Apolda zu geben." So etwas seien lange Prozesse, fügt Giese hinzu. Und betont: Man müsse mit Menschen reden, Emails reichten da nicht.

Früher wurden in Apolda vier Ausstellungen jährlich gezeigt, mittlerweile sind es aus Kostengründen nur noch drei.
Wie geht es im Kunsthaus Apolda weiter?
Es läuft also rund fürs Kunsthaus, auch weil Stadt und Kreis sich ganz klar zum Kunsthaus bekennen und es weiter fördern wollen. Nur eine offene Frage schwebt über allem: Was wird sein, wenn Hans-Jürgen Giese, der mit seinen 75 Jahren alles am Laufen hält, irgendwann nicht mehr kann? Auf diese Frage hat man in Apolda bislang keine Antwort gefunden: "Es wird schwierig, das weiß ich nicht", sagt Giese selbst und zuckt mit den Achseln. Der Erfolg des Kunsthauses beruhe vor allem auf Kontakten, und der Fähigkeit, andere Leute zu überzeugen.

2014 zog eine Foto-Ausstellung zu Marilyn Monroe viele Fans ins Kunsthaus Apolda.
Um erst mal auf Nummer sicher zu gehen, hat er bereits das Ausstellungsprogramm bis 2028 festgezurrt. So werden etwa Fotografien von Günter Rössler in Apolda zu sehen, und bunte Pop-Art von Keith Haring. Zunächst aber wird gefeiert, mit einem bunten Familienfest am Samstag, 14. Juni, im Kunsthaus Apolda.