Unterricht in einer Schule, Lehrer sitzt am Schreibtisch

Sachsen-Anhalt Landtag beschließt Reform: Was sich an Schulen in Sachsen-Anhalt jetzt ändert

Stand: 13.06.2025 18:56 Uhr

Das Schulgesetz in Sachsen-Anhalt wird umfassend angepasst. Die Änderungen betreffen verschiedene Bereiche wie digitale Unterrichtsformen, zentrale Leistungsüberprüfungen, Schulwechselregelungen und Möglichkeiten für den Quereinstieg in den Lehrerberuf. Auch für Gemeinschaftsschulen, kleine Schulstandorte und berufsbildende Schulen ergeben sich neue rechtliche Rahmenbedingungen.

Von Lars Frohmüller, MDR SACHSEN-ANHALT

Das Schulgesetz in Sachsen-Anhalt wird überarbeitet. Die Anpassung berücksichtigt unter anderem digitale Entwicklungen, Beschlüsse der Kultusministerkonferenz, strukturelle Veränderungen im Bildungssystem und Vereinbarungen aus dem Koalitionsvertrag der Landesregierung. Das Gesetz wurde am Mittwoch im Landtag verabschiedet.

Digitaler Unterricht soll Selberlernen möglich machen

Neue Regelungen für Eltern

Wenn Eltern und die jeweilige Grundschule unterschiedliche Meinungen über die geeignete weiterführende Schulform für ein Kind haben, kann künftig ein landesweites Testverfahren zur Anwendung kommen. Diese Leistungserhebung besteht aus mündlichen und schriftlichen Tests. Ziel ist es, die Entscheidung über die Schullaufbahn auf eine einheitliche Grundlage zu stellen.

Zudem werden Schulwechsel außerhalb des zugewiesenen Schulbezirks künftig nicht mehr vom Landesschulamt entschieden, sondern vom jeweiligen kommunalen Träger einer Schule. Damit ist es auch möglich, für entsprechende Anträge auf Schulwechsel eine Gebühr zu erheben.

Änderungen für Schülerinnen und Schüler

Digitale Lehr- und Lernformen wie Plattformen oder Online-Klausuren werden gesetzlich verankert. Sie gehören damit künftig zum regulären Unterricht. Der Präsenzunterricht bleibt weiterhin zentraler Bestandteil des Schulalltags.

Außerdem können Klassenarbeiten in bestimmten Fächern wie Deutsch oder Mathematik künftig zentral organisiert werden. Ziel ist die Vergleichbarkeit von Leistungsständen. Auch andere Fächer wie Naturwissenschaften können einbezogen werden.

Für Schülerinnen und Schüler, bei denen ein besonderer Förderbedarf besteht, werden praxisorientierte Formate wie der Praxislerntag oder Produktives Lernen gesetzlich verankert. Bei den Praxislerntagen sind Schülerinnen und Schüler einen Tag pro 14 Tage in einem selbstgewählten Unternehmen, um dort Praxiserfahrungen zu sammeln, die sie auf den Übergang ins Berufsleben vorbereiten sollen. Die Durchführung der praxisorientieren Formate erfolgt in Abstimmung mit dem Schulträger. Hin- und Rückfahrt zu den Angeboten sind Teil der Planung.

Neue Vorgaben für Lehrkräfte

An Gemeinschaftsschulen ist der Erwerb des Abiturs künftig nur noch nach 13 Schuljahren möglich. Eine eigene gymnasiale Oberstufe muss dafür nicht mehr eingerichtet werden. Die Kooperation mit einem Gymnasium reicht aus. Die gesetzlichen Vorgaben für Kooperationen wurden angepasst. Anforderungen an die räumliche Nähe und bestimmte Schularten wurden verändert. Schulen in freier Trägerschaft sind von diesen Regelungen ausgenommen.

Zur Unterstützung von Lehrkräften im Schulalltag wird zusätzlich eine neue Personalkategorie eingeführt: Assistenz- und Betreuungspersonal, das auch unterrichtsnahe Aufgaben übernehmen kann. Diese sogenannten "pädagogischen Unterrichtshilfen" sollen insbesondere bei digitalen Lernformaten oder in der Klassenorganisation zum Einsatz kommen. Die rechtliche Grundlage dafür wird durch eine Erweiterung in den Personalregelungen geschaffen.

Vorgaben für kleinere Schulstandorte

Kleine Schulen, die langfristig nicht mehr eigenständig betrieben werden können, dürfen sich künftig zu sogenannten Schulverbünden zusammenschließen. Die Standorte bleiben erhalten, der Unterricht kann jedoch teilweise gemeinsam organisiert werden.

Voraussetzung für die Bildung von Anfangsklassen, die den Übergang in eine neue Schulform erleichtern sollen, sind künftig verbindliche Mindestschülerzahlen: In Grundschulen außerhalb von Oberzentren müssen mindestens 15 Kinder eingeschult werden, in Sekundar- und Gemeinschaftsschulen 20, in Gesamtschulen und Gymnasien 25. Diese Größen gelten als Richtwert für die eigenständige Fortführung eines Schulstandorts.

Neue Rolle für Berufsschulen

Berufsbildende Schulen können künftig zusätzliche regionale Aufgaben übernehmen. Dazu zählen unter anderem Fort- und Weiterbildungsangebote sowie Umschulungsmaßnahmen. Voraussetzung für diese erweiterten Aufgaben ist die Zustimmung des jeweiligen Schulträgers und der obersten Schulbehörde.

Im Bereich Qualitätsmanagement sollen sich Berufsschulen künftig stärker an externen Standards orientieren. Genannt wird dabei zum Beispiel die AZAV, die Akkreditierungs- und Zulassungsverordnung Arbeitsförderung. Mit ihr soll sichergestellt werden, dass nur qualifizierte und zuverlässige Träger Bildungsmaßnahmen durchführen dürfen, die von der Bundesagentur für Arbeit oder anderen Stellen gefördert werden. Für die Umsetzung dieser erweiterten Aufgaben stehen zusätzliche Ressourcen zur Verfügung.

Zeitgemäße Datenschutzregeln für Schulen

Das neue Schulgesetz schafft eine einheitliche Grundlage für digitale Verwaltungsprozesse an Schulen. Ein zentrales IT-System für die Schulverwaltung soll aufgebaut werden. Bisherige Regelungen, wie etwa die zentrale Schülerdatei, entfallen.

Auch im Bereich digitales Lernen gelten künftig klar definierte Datenschutzvorgaben. Die Nutzung von digitalen Klassenbüchern, Lernplattformen und elektronischer Leistungsbewertung wird rechtlich geregelt. In bestimmten Fällen dürfen Schulen Daten an die Agentur für Arbeit übermitteln, um Jugendliche ohne Abschluss bei der Ausbildungsplatzsuche zu unterstützen.

Härte Maßnahmen an Schulen

Das Gesetz unterscheidet künftig genauer zwischen verschiedenen Ordnungsmaßnahmen, die Schulen bei schwerwiegendem Fehlverhalten ergreifen dürfen. Neu ist unter anderem, dass ein Unterrichtsausschluss für bis zu 20 Unterrichtstage möglich ist. Bisher dürfen Schülerinnen und Schüler höchstens für fünf Unterrichtstage vom Unterricht ausgeschlossen werden. In besonders schwerwiegenden Fällen kann der Ausschluss künftig sofort vollzogen werden. Ziel ist es, auf schwerwiegende Störungen des Schulbetriebs rechtssicher reagieren zu können.

MDR (Lars Frohmüller), zuerst veröffentlicht am 11.6.2025