Mehree Menschen mit heller oder rosa Kleidung stehen mit Instrumenten auf einer Bühne vor großem Publikum.

Sachsen Kosmos Chemnitz: Besucherrekord trotz vorzeitigen Endes

Stand: 16.06.2025 12:27 Uhr

Trotz vorzeitigen Endes wegen einer Unwetterwarnung am Sonntag ist das Kosmos-Festival mit einem Bescuherrekord zu Ende gegangen: Mehr als 100.000 Menschen waren zu Gast. Erstmals ging das Festival drei Tage und bot neben Musik von Juli, Blond, Kraftklub, Deine Freunde oder Nura auch Dialogformate über Demokratie, Popkultur, Toleranz und die Zukunft von Chemnitz an. Mit über 250 Veranstaltungen war das Festival eines der Highlights im Europäischen Kulturhaupstadtjahr 2025.

Von Ole Steffen, MDR Kulturdesk

Das Kosmos Festival in Chemnitz ist am Sonntagabend aufgrund einer Unwetterwarnung vorzeitig zu Ende gegangen. Die Programmpunkte am Abend fielen ersatzlos aus, das Festivalpublikum wurde aufgefordert, aus Sicherheitsgründen das Gelände zu verlassen. Dennoch gelang dem Kosmos Festival 2025 ein Rekord: 100.000 Menschen haben am Wochenende das kostenlose Festival in Chemnitz besucht.

Nachdem es im vergangenen Jahr ungefähr 70.000 Menschen waren, ist das Festival um knapp 50 Prozent gewachsen, wie Sprecher Ernesto Uhlmann im Gespräch mit MDR KULTUR erklärte. Allerdings fand das Kosmos wegen des Kulturhauptstadtjahres zum ersten Mal an drei Tagen statt.

Festival zwischen Hoch-, Diskussions- und Popkultur

Uhlmann vermutet, dass sich die beiden Events gegenseitig ergänzten: Für viele Menschen sei das Festival eine ideale Gelegenheit gewesen, die Europäische Kulturhauptstadt zu besuchen. Als eines der Highlights habe das Kosmos so nochmal ein anderes Publikum erreicht. Außerdem seien dadurch neue Formen europäischer Zusammenarbeit möglich geworden.

Menschen tragen Porträt-Fotos vor das Chemnitzer Karl-Marxy-Monument.

Rund um das Musikfestival gab es mehrere Kunstaktionen.

Das Team sei vor allem davon begeistert, dass alle Aspekte des Festivals gut angenommen worden seien. Auch 2025 gliederte sich das Kosmos Festival in fünf thematische Bereiche: Musik von Pop bis experimentell zeigte die klangliche Vielfalt aus Chemnitz, Deutschland und Europa. In Workshops, Panels und Ausstellungen wurden gesellschaftliche Fragen diskutiert. Performative Kunstformate bespielten den öffentlichen Raum mit Installationen und Theater. Es gab sportliche Mitmachaktionen, Tanz und neue Bewegungsformate. Unternehmen und Initiativen luden zum Austausch über wirtschaftliche und gesellschaftliche Zukunftsvisionen ein.

KOSMOS-Festival startet in Chemnitz

Diskussionraum über die Rolle der Clubkultur

Therese Morich alias DJ Tereza engagiert sich für die United Club Convention. Initiiert durch den legendären Chemnitzer Club Atomino, der seit 1999 fester Bestandteil der Chemnitzer Kulturszene ist, wollte das Kulturhauptstadtprojekt auf dem Kosmos zeigen, wie verbindend Clubkultur ist – auch über Generationen hinweg. Ein Highlight gab es dazu bereits im Mai, als die älteste DJ Europas, die 86-jährige DJ Vika aus Polen, zu Gast in Chemnitz war.

Die Chemnitzer DJ Therese Morich steht vor einem Werbeschild des Kosmos Chemnitz. Sie hat blonde Haare und trägt eine gelbe Jacke.

Die Chemnitzerin Therese Morich alias DJ Tereza engagiert sich für die Clubkultur in Chemnitz.

Für Therese sind Clubs Räume "für Begegnungen, für sozialen Austausch, gerade in so einer Stadt wie Chemnitz". Die Gruppe, die sich in Clubs treffe, sei heterogen. Das bringe Austausch, aber auch Reibungspunkte, die wichtig seien "in einer Welt, die immer digitaler" werde, so die Künstlerin, die auch international als DJ auftritt.

Begegnungsraum für Menschen unterschiedlicher Kulturen

Um Begegnungen ging es beim Kosmos aber nicht nur in den Clubs. Thomas Höppner leitet den Verein "Start with a Friend", kurz SwaF, in Chemnitz. "Menschen, die nach Chemnitz kommen, haben es ja oft schwer Anschluss zu finden. Und da ist unser Verein da, steht mit Chemnitzern parat, alles auf Augenhöhe, um die Stadt gemeinsam zu erkunden und vielleicht im besten Fall Freunde zu werden", erklärte Thomas Höppner die Idee hinter SwaF. Der Verein hat am Samstag beim sogenannten "Speedfriending" versucht, Menschen aus verschiedenen Ländern und Kulturen auf dem Kosmos zusammenzubringen.

Ein Mann steht vor einem Werbeschild des Kosmos Chemnitz

Thomas Höppner arbeitet als Filmproduzent in Chemnitz. Ehrenamtlich engagiert er sich für SwaF.

Erlebnisraum für Kinder und Jugendliche

Das Kosmos richtete sich aber nicht nur an Erwachsene, sondern bot auch Programm für Kinder und Jugendliche an. Gerade sie sollten mitdiskutieren, wie die Zukunft in Chemnitz aussehen kann.

Eine Frau steht vor einem Werbeschild

Jule Eretier leitet die Kommunikation für das Projekt "enter - Junge Kulturregion Chemnitz"

"Es geht einfach darum, dass Chemnitz auch ein attraktiver Ort sein soll für junge Menschen", sagt Jule Eretier vom Projekt "enter - Junge Kulturregion Chemnitz". Dabei gehe es auch um Bleibeperspektiven. Die Arbeit des Projektes knüpfe daran auch auf dem Kosmos zum Beispiel mit dem Format "pizza alla cultura" an. Dabei konnte man auf spielerische Art und Weise über die Zukunft von Chemnitz mitdiskutieren und nebenbei Pizza essen.

Konzert von Blond und der Robert-Schumann-Philharmonie

Im Rahmen des Festivals spielte die Chemnitzer Indie-Pop-Band Blond rund um die Schwestern Nina und Lotta Kummer gemeinsam mit der Robert-Schumann-Philharmonie auf dem Theaterplatz in Chemnitz.

Eine Frau in einem ausladenen rosa Tüllkleid und mit rosa E-Gitarre steht an einem Mikrofonständer.

Die Chemnitzer Band Blond wollte einen besonderen Auftritt hinlegen.

Im Interview mit dem MDR sagten Nina und Lotta Kummer vorab, sie hätten sich immer gefragt, wie es aussehen könnte, wenn sie mal wieder in ihrer Heimatstadt Chemnitz spielten. Ihnen sei wichtig gewesen, dass es etwas Besonderes ist und nicht einfach nur ein Blond-Konzert. "Und so kam dann die Idee mit dem Kosmos Chemnitz zusammen, ob wir nicht einfach mit einem Orchester, also mit der Robert-Schumann-Philharmonie, ein Konzert auf die Beine stellen wollen", so Blond.

Finanzierung des Kosmos 2026 noch unklar

Doch wie geht es im kommenden Jahr weiter? Über die Zukunft des Kosmos wird derzeit im sogenannten "Legacy-Prozess" beraten. Dabei geht es um das Vermächtnis der Kulturhauptstadt und darum, wie die Projekte langfristig in Chemnitz etabliert werden können. Seitens der Stadt heißt es, Chemnitz plädiere dafür, "dass das Kosmos auch nach dem Kulturhauptstadtjahr einen Platz im Veranstaltungskalender der Stadt findet". Die Dimension und der Umfang von diesem Jahr könnten "jedoch nicht der Maßstab für die kommenden Jahre sein".

Die Frage dahinter: Wer gibt das Geld für das, was nach dem Kulturhauptstadtjahr kommt, wenn im Haushalt von Chemnitz für 2026 ein Loch von 113 Millionen Euro klafft? Laut Stadt ist noch unklar, wo das Kosmos angesiedelt wird, "in welcher Gesellschaft, ob es vielleicht ein Teil der Legacy-GmbH, die es irgendwann mal geben kann, sein wird, oder ob das eine andere Gesellschaft ist", so die Sprecherin der Stadt Chemnitz, Anne Gottschalk.

Für das Veranstaltungsteam des Festivals sprechen die diesjährigen Publikumszahlen für das Festival: Es sei ein Zeichen, wie etabliert die Veranstaltung sei. Die Menschen in und um Chemnitz würden ein großes Interesse an einem Ort wie dem Kosmos haben.

"Kosmos ist ein 'all eyes on us'-Moment"

Die Chemnitzer Tänzerin Melanie Weber sagte MDR KULTUR, das Kosmos sei für Chemnitz ein "all eyes on us"-Moment. Nicht nur andere Städte, sondern auch Entscheiderinnen und Entscheider über die Zukunft des Festivals hätten in diesem Jahr wieder auf das Kosmos geblickt. Für Melanie Weber stellt sich daher die Frage: "Was bleibt hängen und bleiben wir im Gedächtnis?" Daher empfand sie das diesjährige Festival als eine Art "Vorarbeit" für 2026.

Chemnitzer Tänzerin Melanie Weber

Die Chemnitzer Tänzerin Melanie Weber engagiert sich im Tanzstudio "Room Hip Hop Spot".

Melanie Weber arbeitet für den "Room Hip Hop Spot" in Chemnitz. Das Tanzstudio veranstaltete am Samstag in der Bergstraße den Kosmos Jam. Dabei ging es um "Tanz-Battles, Showcases und die Chance, einfach mitzutanzen".

Mehr Infos zum Kosmos Chemnitz
"Das Kosmos Chemnitz versteht sich als Festival, als Netzwerk und eine Plattform für Auseinandersetzungen und Diskussionen. Es ermöglicht einen Austausch zwischen Kulturschaffenden und engagierten Bürger*innen über relevante Themen unserer Gesellschaft sowie die Zukunft von Chemnitz und Europa."