
Niedersachsen Mecklenburg-Vorpommern Online-Abzocke: Die skrupellose Geschichte hinter der hübschen Frau
Patrick K. aus Hannover lernt via Instagram eine Asiatin kennen. Der 35-Jährige lässt sich auf einen Sex-Chat ein und wird danach erpresst. Hinter solchen Maschen stecken oft Firmen aus Südostasien, in denen Menschen wie Sklaven gehalten werden.
Es beginnt mit dem Profil von Emmi, einer hübschen Frau, das Patrick K. aus Hannover bei Instagram entdeckt. Er lässt ein Herzchen-Emoji da, sie schreibt zurück. Mehrere Tage schreiben sich beide, dann wird es anzüglicher. Patrick K. lässt sich zu einem Sex-Chat überreden, auch mit Bild: "Letztendlich sind wir Männer leicht gestrickt, da kann ich zustimmen. Es hat mich einfach nur kurz gecatcht. Und das Hirn hat dann aufgehört zu denken. Man hat einfach mitgemacht."
Erpresser meldet sich
Doch das Vergnügen ist schnell vorbei. Statt von der vermeintlichen hübschen Asiatin kommt die nächste Nachricht von einem Mann, der Patrick K. erpresst: 5.000 Euro oder er schicke das kompromittierende Video an Patricks Freunde und Familie.

Patrick K. wird nach einem Sex-Chat auf Instagram erpresst.
Südostasien: Professionelle kriminelle Callcenter
Was Patrick K. nicht weiß: Mehr als 8.000 Kilometer entfernt wird mit solchen Betrugsstraftaten Geld verdient im industriellen Stil. Möglicherweise ist auch sein Geld hier gelandet. Die Trickkiste der Täter ist groß: Oft geht es um Investitionen in Kryptowährungen. In mehreren Ländern Südostasiens - im Bürgerkriegsland Myanmar etwa, in Kambodscha, in Laos und den Philippinen - gibt es ganze Bürokomplexe, in denen es nur um Cyber-Straftaten geht, straff organisiert von Mafia-Strukturen.
Mehr Opfer weltweit durch künstliche Intelligenz
Benedikt Hofmann, der für die UNO die organisierte Kriminalität in der Region analysiert, hat Sorge vor dieser Entwicklung: Zum einen wachsen diese Zentren seit Jahren enorm an. Und die Betrüger setzen immer mehr auf Künstliche Intelligenz (KI). Onlinebetrug werde deshalb weltweit dramatische Ausmaße annehmen: "Man kann jetzt hier in Südostasien sitzen und praktisch Opfer um die halbe Welt herum ansprechen", sagt Hofmann in der ARD. Durch KI könnten die Betrüger bisher vorhandene Sprachbarrieren überwinden. "Im Endeffekt kann wirklich jeder Opfer dieses Betrugs werden. Das macht es problematisch."

Laut Benedikt Hofmann setzen Betrüger immer mehr auf künstliche Intelligenz.
UN spricht von modernem Sklavenhandel
Und noch etwas macht Sorge. In den Betrügerzentren arbeiten laut UNO Hunderttausende Menschen. Sie kommen aus der ganzen Welt: aus Brasilien, Nepal, afrikanischen Ländern. Benedikt Hofmann erklärt: "Wir sehen, dass viele Menschen in diesen Zentren arbeiten, die dort nicht freiwillig sind, die dort gehalten werden wie Sklaven und von denen verlangt wird, andere zu betrügen, anderen das Geld abzunehmen. Und zwar unter Umständen, wie man sich das wirklich nicht vorstellen will."
Opfer berichten von Folter
Der ARD liegen Videos vor, in denen Menschen mit Elektroschocks gequält oder geschlagen werden. Opfer berichten, sie seien tagelang in einen stockdunklen Raum eingesperrt worden. Yihao Lu war einer von ihnen, auch er erzählt von Folter, bis er seinen Peinigern entkommen konnte, weil seine Familie ihn freikaufte: "Jeder Betrüger muss gleichzeitig 15 bis 25 Personen abzocken. Man arbeitet 16 bis 17 Stunden. Das Ganze endet um Mitternacht."
Patrick K.: Ermittlungen eingestellt
Patrick K. aus Hannover hat sich entschieden, den Tätern zuvorzukommen. Seinen Freunden hat er eine Nachricht geschickt und offenbart, was ihm passiert ist. Die Reaktionen waren alle positiv. Dem Täter hatte er noch in der Nacht 3.000 Euro überwiesen, es war sein Erspartes für den Urlaub. Doch die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft bleibt dünn, die Ermittlungen sind eingestellt. Die Spur verliert sich in Asien, die deutsche Justiz kann da wenig machen: weder das Geld zurückholen noch gegen die Täter vorgehen.
Mehr zu diesem Thema in der Doku "Die ARD Story: Im Inneren der Cybermafia. Love. Link. Lost" am 10.6.2025 um 22.50 Uhr oder in der ARD Mediathek.
Dieses Thema im Programm:
NDR Fernsehen | Hallo Niedersachsen | 10.06.2025 | 19:30 Uhr