Ein Entwurf eines Platzes mit niedrigen Gebäuden mit Glasfassaden.

Mecklenburg-Vorpommern "Vorwärts": Von Schweriner Industriebrache zum Schaumagazin?

Stand: 15.06.2025 11:23 Uhr

Aus dem ehemaligen Kraftfahrzeuginstandsetzungswerk "Vorwärts" in Schwerin soll ein Schaumagazin entstehen. Ein besonderer Ort für zeitgenössische Kunst, der einzigartig ist in der Bundesrepublik.

Zertrümmerte Fensterscheiben, mit Graffiti beschmierte Wände, verrostete Garagentore. Das Gelände in der Schweriner Weststadt steht seit rund drei Jahrzehnten leer. Doch nicht mehr allzu lange. Wo einst ein Auto der Marke Wartburg repariert wurde, soll künftig ein Werk von Günther Uecker ausgestellt werden.

Anders schauen als im Museum

"Das Schaumagazin ist ein Ort, an dem man Kunst anders schaut als in Museen, und in dem man Kunst auch anders begreift. Das Andersschauen findet statt in eigenen Künstlerräumen. Jeder Künstler hat einen Raum, das ist gewissermaßen das Depot und gleichzeitig die permanente Ausstellung zu dem jeweiligen Künstler. Davon gibt es hier 25", sagt Kornelia von Berswordt-Wallrabe, die ehemalige Direktorin des Staatlichen Museums Schwerin.

Die ehemalige Direktorin ist die, die vor allem hinter diesem Vorhaben steht. Sie bringt in dieses Schaumagazin sogar Kunstwerke aus ihrem Besitz mit ein. "Die Kunstwerke sind im Grunde in meiner kleinen Sammlung. Sie geben sozusagen den Kompass. Da sind Richard Serra, Günther Uecker, Francois Morellet, aber auch Jan Schoonhoven, der große Niederländer", erklärt von Berswordt-Wallrabe. Es gebe noch nicht genügend Kunstwerke. Deshalb werde man noch etwas dazugekaufen. "Es kommen auch sehr viele junge Leute dazu, die ich bisher nicht gesammelt habe", verspricht sie.

Ein brach liegendes Industriegelände in der Sonne.

Noch liegt das ehemalige Werksgelände im Dornröschenschlaf.

Kunst mit Verbindung zu MV

Auch Künstler, die mit Mecklenburg und Vorpommern verbunden sind, sollen hier ausgestellt werden - wie Miro Zahra, Oskar Manigk und Matthias Wegehaupt. Den Umbau des ehemaligen Kraftfahrzeuginstandsetzungswerks plant der Schweizer Architekt Max Dudler. Industriedenkmäler findet er besonders interessant. "Die haben eine gute Substanz, hohe Räume und sehr interessante Geschichten dahinter. Immer, wenn es Geschichten gibt, ist es interessant, sie zu transformieren in eine neue Funktion - wie das Schaudepot in diesem Fall. Das ist eigentlich der ideale Ort, wo sich auch die Leute treffen können", so Dudler.

Max Dudler hat mit seinem Büro bereits ähnliche Vorhaben umgesetzt. "Wir haben einen ehemaligen Flugzeughangar transformiert für die Eidgenössische Technische Hochschule in Zürich. Und wir haben das Hambacher Schloss, die Wiege der deutschen Demokratie, transformiert auch mit Neubauten, mit historischen Zitaten stehen gelassen." In Schwerin werden nun die zahlreichen Garagentore verschwinden, statt Metall kommt Glas. "Wir machen einen kleinen Pavillon, und wir werden auch Licht reinbringen müssen an gezielten Orten, wo die Ausstellungen sind", erklärt Dudler.

Ein brach liegendes Industriegelände in der Sonne.

Anstelle der Metalltore soll in Zukunft Glas Licht in die Räume lassen.

Millionenlücke bei Finanzierung

Der Umbau des Industriegeländes hat sich in den vergangenen Jahren - nicht zuletzt auch durch die Corona-Pandemie - verzögert, doch nun soll möglichst noch in diesem Jahr mit dem Umbau begonnen werden. Allerdings gibt es noch eine Lücke in der Finanzierung, sagt der Schweriner Stadtentwickler Andreas Thiele. "Als wir dieses Projekt hier angefangen haben, war das eine Idee aus dem Jahr 2020. Die Kalkulation damals war 5,2 Millionen Euro. Wir kriegen 90 Prozent vom Bund, nationale Projekte des Städtebaus - ein schönes Vorhaben, was auch die Bedeutung dieses ganzen Ensembles noch einmal dokumentiert. Zehn Prozent Eigenanteil gleich 500.000 Euro für die Stadt Schwerin. Jetzt suchen wir noch mal die ein bis zwei Millionen."

Dieses Schaumagazin in Schwerin wird, so von Berswordt-Wallrabe, für die Bundesrepublik einmalig. "Das Profil, überhaupt solche Räume zu haben, in denen man nur einen Künstler mit acht bis 20 Werken sieht, das gibt es hier nirgendwo", sagt sie. Es gebe so ein Konzept aber in der Schweiz. "Insofern dachte ich: Das ist ein feines Ding, das ich mal bauen könnte", erzählt von Berswordt-Wallrabe. Realistisch gesehen, könnte dieses feine Ding 2027 eröffnet werden.

Dieses Thema im Programm:
NDR Kultur | Kulturjournal | 13.06.2025 | 19:05 Uhr