
Mecklenburg-Vorpommern Landrat Sternberg: Wahlsieg nach unfairem Wahlkampf?
Vor einem Monat ist Stefan Sternberg (SPD) als Landrat des Kreises Ludwigslust-Parchim wiedergewählt worden. Jetzt gibt es Kritik an seinem Wahlkampf. Es geht um den Vorwurf, Sternberg habe sich in seinem Amt Vorteile gegenüber anderen Kandidaten verschafft.
Politische Gegner wundern sich über Sternbergs Wahlkampf schon länger. Die Zahl der Großplakate oder der Auftritt bei Social Media galt als außergewöhnlich. Die regionale SPD beteuert auf Anfrage, der Landratswahlkampf in diesem Jahr sei nicht teurer gewesen als der vor sieben Jahren, es gehe um einen Betrag im oberen fünfstelligen Bereich. Das wäre eine Summe unter 100.000 Euro. Zum Wahlkampf gehörten auch sogenannte "Testimonials", also persönliche Werbeaussagen zugunsten des Kandidaten Sternberg.
Aufträge für den Landkreis
Darunter waren drei bekannte Persönlichkeiten der Region: Der Chef des Golchener Hofs und Leiter einer Firma für psychologische Eignungstests, Jörg Klingohr, der Katastrophenschutz-Experte Gerd Kropf, Brigadegeneral a.D. mit der Beratungsfirma FMB und der Chef der Lübzer Brauerei, Bastian Pochstein. Pochstein steht in keiner wirtschaftlichen Beziehung zu Sternberg und der Kreisverwaltung, die beiden anderen dagegen machen Geschäfte mit dem Landkreis: Jörg Klingohr, alias Bauer Korl, hat mit seiner Firma wi.ps zwischen 2020 und 2024 knapp 60.000 Euro für Dienstleistungen aus der Kreiskasse erhalten. Klingohr ist außerdem Chef der Hotel- und Ferienanlage Golchener Hof (Landkreis Ludwigslust-Parchim). Während der Pandemie wich der Kreistag auf den Saal des Golchener Hofes aus – für acht Kreistagssitzungen überwies der Landkreis Klingohr dafür 75.000 Euro.
Werbung auf Großplakaten
Auch Brigadegeneral a.D. Kropf warb auf Großplakaten für den Landrat. Kropf hat als ehemaliger Chef des Landeskommandos der Bundeswehr durch die Kooperation bei der Waldbrand-Bekämpfung 2019 im Raum Lübtheen ein enges Verhältnis zu Sternberg. Die Schweriner Beratungs-Firma FMB, für die der Ex-Soldat tätig ist, hat zwischen 2022 und 2024 rund 110.000 Euro aus der Kreiskasse bekommen. Zu den Leistungen gehörten unter anderem die Organisation und Schulungen des Katastrophenschutz-Stabs. Die FMB (Fachberatung- und Management GmbH) gehört Kropfs Frau.
Chancengleichheit gefährdet
Wahlwerbung ist für jedermann erlaubt - auch für Unternehmer. Dass Kropf und Klingohr Werbung für Sternberg gemacht haben, damit hat Transparency International (TI) deshalb kein Problem. Die Transparenz-Initiative sieht allerdings Sternberg in der Verantwortung und kritisiert ihn für die fehlende Transparenz. Die besondere Verbindung zwischen dem Landrat und seinen Wahlwerbern hätte offengelegt werden sollen, sagt Gerhard Bley von TI. Als Amtsinhaber habe Sternberg ohnehin schon Vorteile. Wenn dann Menschen, die in Geschäftsbeziehungen zu ihm stünden, Werbung für ihn machten, seien andere Kandidaten benachteiligt. Die Chancengleichheit sei damit gefährdet.
"SPD-Netzwerke"
Bley verwies auf die besondere Situation im Landkreis Ludwigslust-Parchim. In der Region stellt die SPD seit mehr als 30 Jahren den Landrat: "Da sind Netzwerke entstanden und da ist ein politisches Milieu entstanden, in dem die SPD ohnehin einen Werbevorteil und Wissensvorsprung gegenüber Kandidaten anderer Parteien hat." Das werde durch die besondere Praxis der Wahlwerbung noch einmal verstärkt. Die bei der Landratswahl unterlegene CDU will offenbar nicht als schlechte Verliererin gelten, ihr Kreisvorsitzender Wolfgang Waldmüller formuliert dennoch leise Kritik. Diese Form des Wahlkampfs vermittele einen "gewissen Geschmack", erklärte er. "In der öffentlichen Wirkung ist sie einem demokratischen Wahlkampf nicht förderlich", meint der Christdemokrat, der im Landtag und im Kreistag sitzt.
Sternberg reagiert nicht
Der bei der Landratswahl chancenlose Grünen-Kandidat Philipp Lübbert spricht von einem "Graubereich". Die Wähler im Landkreis Ludwigslust-Parchim seien nicht transparent über die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Landrat und der jeweiligen Firma informiert worden, das sei "mindestens moralisch bedenklich". Die Chancengleichheit habe die Praxis auf jeden Fall beeinträchtigt. Sternberg, der auch Vize-Chef der Landes-SPD ist, ließ eine Anfrage des NDR auch nach vier Tagen unbeantwortet.
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NDR 1 Radio MV | Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern | 17.06.2025 | 08:00 Uhr