Brandenburg Woher kommt der Hass junger Rechtsextremer auf queere Menschen?
In Bad Freienwalde griffen am Wochenende mutmaßlich Rechte eine Veranstaltung für Vielfalt an. Immer wieder attackieren junge Rechte queere Menschen oder Veranstaltungen. Das liegt tief in ihrer Ideologie begründet. Von Yasser Speck
Mehrere Männer haben am Sonntag ein Fest für Vielfalt in Bad Freienwalde angegriffen. Zwei Menschen wurden dabei leicht verletzt. Bei der Veranstaltung hätte auch eine Drag-Queen auftreten sollen.
Immer wieder kommt es in Berlin und Brandenburg zu Attacken und Anfeindungen gegen queere Menschen. Oft sind die Täterinnen und Täter Menschen aus dem rechten Spektrum. Ein Grund dafür ist, dass Queerfeindlichkeit tief in der rechten Ideologie verankert ist.
Ablehnung von queeren Lebensrealitäten
Ein zentraler Aspekt der extrem rechten Ideologien ist der Glaube an eine "natürliche Zweigeschlechtigkeit". Die vorherrschende Meinung in diesen Kreisen ist, dass es nur Männer und Frauen gebe. Aus dieser Ansicht ergeben sich in extrem rechten Ideologien klare und nicht veränderbare Geschlechterrollen. Auch wird immer wieder ein heteronormatives Familienbild als Kern der sogenannten "Volksgemeinschaft" beschworen. Transgeschlechtlichkeit und Nichtbinarität kommen in extrem rechten Geschlechter- und Familienbildern gar nicht erst vor.
"Gleichzeitig spielt das Thema Männlichkeit und Härte eine große Rolle", sagt Lorenz Blumenthaler von der Amadeu-Antonio-Stiftung. "Die extreme Rechte propagiert seit jeher eine Form von soldatischer Männlichkeit. Es geht darum, stark zu sein, Härte zu zeigen und im Zweifelsfall eine imaginierte Volksgemeinschaft, gegen innere und äußere Feinde zu verteidigen."
In dieses Bild würden queere Lebensrealitäten und andere Formen von Männlichkeit nicht hinein passen. "Die werden als schwach empfunden, konsequent abgewertet und müssen im Zweifelsfall angegriffen und zerstört werden", fasst Blumenthaler das Denken der Rechtsextremen zusammen.
Einen weiteren Grund für die Angriffe auf queere Menschen und Veranstaltungen nennt Markus Klein vom Brandenburgischen Institut für Gemeinwesenberatung Demos: "Queere Menschen sind in den vergangenen Jahren im öffentlichen Raum sichtbarer geworden. Rechtsextreme versuchen das mit Gewalt wieder zurückzudrängen."
Immer wieder Angriffe auf queeres Leben
Markus Klein beobachtet die rechte Szene in Brandenburg genau. "Wir sehen durchaus in den letzten Jahren verstärkt, dass queere Menschen und Veranstaltungen von rechtsextremen attackiert werden." Der Angriff auf das Fest für Vielfalt in Bad Freienwalde ist kein Einzelfall. In Dallgow-Döberitz hing vor dem Rathaus eine Regenbogenfahne. Die Anfang Juni gehisste Flagge wurde am vergangenen Wochenende angezündet. Schon 2023 hatte dort eine Regenbogenfahne gebrannt.
Ende Mai wurde in Beeskow vor der Kreisverwaltung eine dort gehisste Regenbogenfahne gestohlen. Beim CSD in Oranienburg kam es im vergangenen Jahr zu Anfeindungen einer Gruppe junger Neonazis, die zur rechtsextremen "Deutsche Jugend voran" gehören. Die Polizei griff rund um den Berliner CSD eine Gruppe junger mutmaßlich Rechtsextremer auf, die versuchten zum CSD-Umzug zu gelangen. Die jungen Männer hatten Lederhandschuhe und Mundschutze dabei. Sie waren offenbar für eine Schlägerei gerüstet. Hinzu kommen unzählige Angriffe und Beleidigungen gegen queere Menschen im Alltag.
Aber nicht nur bei Veranstaltungen oder auf offener Straße kommt es zu queerfeindlicher Gewalt durch Rechtsextreme. "Ein Thema, das dahingehend immer sehr weit ausgeblendet wird, ist der ganze digitale Hass, da der nicht gut erfasst wird", sagt Lorenz Blumenthaler. Auffällig ist, dass die Tätergruppe oft junge Männer umfasst.
Rechtsextreme Jugendbewegungen
Immer wieder sind es Gruppen wie die "Deutsche Jugend voran" oder die "Jungen Nationalisten", die auf CSD-Gegendemonstrationen auftreten. Diese und weitere rechtsextreme Jugendgruppen stehen für einen neuen Trend in Deutschland. "Dass die Jugendlichen sich radikalisieren, hat nicht nur mit einem Hass auf queere Menschen zu tun, sondern vor allem damit, dass wir aktuell das Entstehen einer neuen rechtsextremen Jugendkultur beobachten", sagt Lorenz Blumenthaler von der Amadeu-Antonio-Stiftung.
Die Täter würden immer jünger und gleichzeitig gewaltbereiter auftreten als früher, so Blumenthaler. "Flankiert wird diese Entwicklung auch von den Wahlerfolgen rechtsextremer Parteien." Diese würden auf die jungen Rechtsextremen wie ein Verstärker wirken und der Szene neues Selbstbewusstsein und auch eine Angriffslust geben. "Der Angriff in Bad Freienwalde zeigt eben noch mal sehr genau, dass sich Rechtsextreme gerade total im Aufwind fühlen, wenn sie am hellichten Tag Stadtfeste angreifen", fasst Blumenthaler die aktuelle Situation zusammen.
Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 16.06.2025, 19:30 Uhr
