Brandenburg Stadtvilla in Eberswalde: Mieter sichern sich ihr Haus – und bezahlbaren Wohnraum
Nach einer Haus-Sanierung werden oft sehr hohe Mieten verlangt oder die Wohnungen zu teuren Preisen verkauft. In Eberswalde haben sich Mieter zusammengetan, um das zu verhindern. In der Region sind sie kein Einzelfall.
Eberswalde im Brandenburger Landkreis Barnim bekommt ein weiteres alternatives Wohnprojekt: Eine Stadtvilla in der Danckelmannstraße wird vom kommunalen Wohnungsunternehmen WHG an die aktuellen Mieter verkauft.
Das Gebäude ist in die Jahre gekommen und müsste dringend saniert werden – was auch die WHG vorhatte. Stark steigende Mieten von rund 15 Euro pro Quadratmeter wären die Konsequenz gewesen. Ein Problem, das man überall in der Region bei der Sanierung von Häusern beobachtet.
Der WHG-Chef Henrik Hundertmark begründet den Verkauf damit, dass sie die Initiative unterstützen wollten und die Vielfalt in der Stadt Eberswalde zulassen wollten. "Und wir haben genug unsanierten Bestand in der Stadtmitte und im Villenviertel, so dass wir uns auf andere Objekte konzentrieren können", sagte er dem rbb. So könne man anderen Akteuren im sozialen Bereich die Sanierung übertragen und in Eigenverantwortung übergeben.
"Mietshäuser-Syndikat" unterstützt ähnliche Projekte in der Region
Die Mieter - unter anderen ehemalige und aktuelle Studierende sowie Wissenschaftler an der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde - hatten nach eigenen Angaben Angst, verdrängt zu werden. Daher taten sie sich zusammen. "Wir sind gerade 14 Erwachsene, die hier in dem Haus wohnen und wir wollen dieses Haus kaufen", sagte die Anwohnerin Tabea Selleneit dem rbb. "Dafür haben wir einen Verein und eine GmbH gegründet und nehmen gerade einen Kredit dafür auf, um dieses Haus dann noch dieses Jahr zu kaufen."
Unterstützung haben sich die Anwohner vom sogenannten "Mietshäuser-Syndikat" geholt, einer bundesweiten Beteiligungsgesellschaft zum gemeinschaftlichen Erwerb von Häusern. Diese werden dann Kollektiveigentum, damit langfristig bezahlbarer Wohnraum geschaffen wird.
Zwei weitere solcher Projekte in Eberswalde
Das Syndikat berät die Projekte, aber gibt selbst kein Kapital dazu. Es müssen ein Hausverein und eine GmbH gegründet werden. Die Wohnprojekte werden Eigentum der GmbH, in der der jeweilige Hausverein und das Syndikat Gesellschafterinnen sind. Während der Verein für die Bewohner als Vermieter agiert, nimmt die GmbH einen Bankkredit auf.
Bis Anfang des Jahres war das Syndikat nach eigenen Angaben an fast 200 Hausprojekten in Deutschland beteiligt. 20 davon befinden sich in Berlin, 21 in Brandenburg – insgesamt rund 38.000 Quadratmeter Wohnfläche für etwa 1.100 Anwohner in der Region. In Eberswalde existieren neben der Danckelmannstraße zwei weitere Projekte.
Keine Mietpreisbremse in Eberswalde
Für die bisherigen Mieter und baldigen Eigentümer heißt es nun: Sie brauchen Geld. "Wir sammeln auch Direktkredite, also Mikrokredite von unseren Freunden und Familien, und die bringen wir als Eigenanteil ein für den Bankkredit." Dafür haben die Bewohner der Dankelmannstraße im Juni Freunde, Bekannte und Neugierige zu einem Sommerfest eingeladen, um sie vielleicht zu einem Direktkredit zu bewegen.
Noch rund eine Million Euro müssen die Bewohner nach eigenen Angaben für den Kauf als Kredit aufnehmen. Als Sicherheit dient ihnen das Gebäude. Abbezahlt werden die Kredite laut Plan durch Mietzahlungen. Die Mietpreise sollen aber laut den Anwohnern unter zehn Euro pro Quadratmeter bleiben.
Bei Neuvertragsmieten bezahlt man in Eberswalde laut dem Marktmonitor des Verbands Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen rund acht Euro kalt pro Quadratmeter. Bei Bestandsmieten sind es demnach rund sechs Euro. Die Mietpreisbremse, die vor wenigen Wochen bis 2029 verlängert wurde, gilt für fast 20 Kommunen in Brandenburg - Eberswalde gehört aber nicht dazu.
Sendung: Antenne Brandenburg, 12.06.2025, 15:40 Uhr
Mit Material von Georg-Stefan Russew
