
Brandenburg Woche der Entscheidung für die Brandenburger Regierung
Ab Mittwoch wird im Brandenburger Landtag über die Haushaltspläne der Regierung debattiert. Kritik kommt nicht nicht nur aus der Opposition. SPD und BSW stehen vor ihrer größten Bewährungsprobe. Von Hanno Christ
- Landtag entscheidet am Freitag über Doppelhaushalt 2025 und 2026
- Rekordvolumen, aber gleichzeitig viele Einsparungen
- massive Kritik an Kürzungen in der Bildung
- SPD entscheidet über Woidke-Vorsitz am Samstag
Um was geht es?
Der Brandenburger Doppeletat 2025/2026 umfasste vor Änderungen des Landtags für das laufende Jahr und das nächste Jahr ein Volumen von insgesamt rund 34 Milliarden Euro – eine Rekordsumme in der Haushaltsgeschichte Brandenburgs. Dennoch gelten die Finanzen als knapp, in vielen Bereichen wurde der Rotstift angesetzt.
Das hat maßgeblich mit Lohnsteigerungen zu tun, aber auch mit der Prioritätensetzung der Regierungskoalitionen: In fast allen Bereichen wird gespart, mehr Geld gibt es vor allem für zusätzliche Polizisten und neuwertige technische Ausrüstung wie Polizeihubschrauber.
Dazu kommt, dass die Vorgängerregierung über ihre Verhältnisse gelebt. Mit kreditfinanzierten Programmen wie dem Brandenburg-Paket wurden überzogene Erwartungen geweckt hat, was sich das Land leisten kann und was nicht. Die einst eisern angesparten Reserven und Rücklagen sind aufgebraucht.

Die amtierende Regierung rettet sich in zusätzliche Schulden, von denen Brandenburg bereits reichlich hat. Der Entwurf des Haushalts stammt aus der Feder von Finanzminister Robert Crumbach. Für den BSW-Mann und ehemaligen Arbeitsrichter eine völlig neue Aufgabe.
Dass der Beschluss des neuen Haushalts eine Herausforderung werden würde, war allen Beteiligten bekannt. Dass sie aber so groß ausfällt, offenbar nicht. Anfang Mai hatte Crumbach in einer Sitzung des Finanzausschusses seinem Ärger über den Koalitionspartner SPD öffentlich Luft gemacht. Er habe sich gefragt, ob er den Koalitionsvertrag unterschrieben hätte, wären ihm die Zahlen damals bereits bekannt gewesen. Nun ist der BSW-Politiker der Überbringer der schlechten Nachrichten.
Warum hat die Aufstellung des Haushalts so lange gedauert?
Statt einen Doppel-Haushalts für die Jahre 2024 und 2025 festzulegen, hatten die vorherige Regierung aus SPD, CDU und Grünen nur für ein Jahr geplant. Die Landtagswahl im vergangenen Jahr hatte dies bedingt. Denn ein Haushalt, der lange über das Ende eine Regierungszeit hinausreicht, gilt als verfassungsrechtlich bedenklich.
Die im Herbst neu gewählte Regierung aus SPD und BSW musste sich also zuerst mit der Aufstellung eines neuen Haushalts beschäftigen. Was einige Zeit in Anspruch genommen hat.
Geld durfte deshalb seit Jahresbeginn nur für gesetzlich vorgeschriebene oder für zwingend notwendige Ausgaben fließen. Klassenfahrten, Schulausflüge und viele kleinere Projekte gehören nicht dazu. Das vergangene halbe Jahr war eine Durststrecke, auch für die Regierung selbst, die kaum Gestaltungsspielräume hatte. Die SPD-BSW-Koalition, die seit Dezember 2024 regiert, ist bislang kaum aus den Startlöchern gekommen.

Warum steht der Haushalt besonders in der Kritk?
Verglichen mit dem straffen Sparhaushalt des Finanzministers wurde der Gürtel durch den Landtag etwas gelockert, er sitzt aber immer noch eng. Die Milliarden-Deckungslücken wurden durch höhere Steuereinnahmen und zusätzliche Kredite verkleinert. Geschlossen wurden sie noch nicht. Es klafft noch immer ein Loch von zwei bis drei Milliarden Euro für die kommenden beiden Jahre.
In einigen Punkten hat die Koalition mit sich reden lassen, in anderen blieb sie hart – und hofft auf zusätzliche Mittel aus dem Sondervermögen des Bundes für das kommende Haushaltsjahr. Das müsste aber erst noch beschlossen werden.
Mehr Geld soll es etwa für die Finanzierung von Krankenhäusern geben und die Polizei. Das Land will die Zahl der Polizisten von derzeit etwa 8.300 auf 9.000 hochschrauben, dazu werden zwei neue Polizeihubschrauber angeschafft. Alle Krankenhaus-Standorte sollen erhalten bleiben.
Nach mehreren Protestbriefen und Krisengesprächen wurden besonders harte Einschnitte für Kommunen und Landkreise teils zurückgenommen oder gestaffelt auf mehrere Jahre verteilt. So wurden Kürzungen etwa beim Familienlastenausgleich kassiert - mehr als insgesamt 300 Millionen Euro für beide Jahre fließen nun doch an die Kommunen.
Besonders umstritten sind Kürzungen in Kita und Schule, vor allem weil die Koalition noch zu Beginn andere Versprechungen gemacht hatte. Ursprünglich hatte sich das Bildungsministerium Hoffnung auf 700 zusätzliche Stellen für Lehrkräfte gemacht. Tatsächlich sind unterm Strich nun sogar weniger Lehrkräfte vorgesehen. Die Opposition der CDU warnt vor einem Mangel an Personal und noch mehr Unterrichtsausfall. Gespart wird künftig vor allem im Ganztags- und Förderbereich, besonders bei lernbenachteiligten Kindern.

An den Plänen änderten auch Großdemonstrationen der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) nichts. Zudem sollen Lehrkräfte künftig eine Stunde mehr unterrichten. Dafür wurden das Vertretungsbudget und der Etat für Schulassistenzen um insgesamt rund 24 Millionen Euro aufgestockt. Gewerkschaften, Eltern und Lehrkräfte laufen Sturm gegen die Pläne. Ein kurzfristig gestartete Petition für die Rücknahme der Kürzungen brachte im Eiltempo mehr als 30.000 Unterschriften.
Die GEW prognostiziert, dass die Neuregelungen künftig zu weniger statt zu mehr Unterricht führen wird, weil sich die Arbeitsbedingungen an Brandenburger Schulen verschlechterten. Die Kalkulation der Landesregierung folgt dem Augen-zu-und-durch-Prinzip: In den kommenden Jahren wird es weniger Schülerinnen und Schüler geben, somit würde rein rechnerisch auch der Bedarf an Lehrkräften sinken.
Zur Wahrheit gehört auch: Brandenburg gibt im Bundesländervergleich überdurchschnittlich viel Geld für Bildung aus und hat den Bildungsetat in den vergangenen 15 Jahren mehr als verdoppelt. Trotzdem ist das Land im Bildungs-Ranking meist auf hinteren Plätzen. Die SPD-Fraktion schließt künftige Änderungen im Bildungsbereich nicht aus, das aber auch nur, wenn es mehr Einnahmen geben wird. Andere, ebenfalls ursprünglich geplante Kürzungen wurden nach Protesten wieder verworfen oder reduziert, etwa beim Pakt für Pflege oder an der Medizinischen Hochschule MHB.
Grundsätzliche Kritik am Haushalt kommt von den Oppositionsparteien AfD und CDU. Sie bezeichnen die Schuldenpläne der Regierung als "rechtlich verwerflich", "zukunftsvergessen" und "fahrlässig". Statt an der Reduzierung struktureller, also dauerhafter Ausgaben zu arbeiten, stürze man sich in neue Kredite - und das auf einer rechtlich wackeligen Grundlage.
Die Opposition wirft der Regierung vor, die Bedingungen für die Aufnahme neuer Schulden aufgeweicht zu haben. Diese hält mit Gutachtern dagegen, die juristisch keine Bedenken haben. Die AfD zieht bereits eine Verfassungsklage in Erwägung, für den Fall, dass die Schuldenbremse des Landes ausgehebelt würde.

Was passiert, wenn der Haushalt keine Mehrheit bekommt?
Dieses Szenario wäre für die Landesregierung der politische Super-GAU und würde sehr wahrscheinlich Neuwahlen nach sich ziehen. Kaum gestartet, wäre die erste SPD-BSW-Koalition der Republik dann auch schon wieder Geschichte. Die fiskalische Hängepartie würde zudem in die Verlängerung gehen, Geld vom Land würde es dann weiterhin nur für gesetzlich vorgeschriebene und absolut notwendige Vorhaben geben.
Offiziell wird an einer Mehrheit nicht gezweifelt. Sie ist allerdings mit nur zwei Stimmen hauchdünn. In den maßgeblichen Ausschüssen des Landtages hat der Haushalt bereits eine Mehrheit bekommen, im Plenum könnte es anders aussehen. Das liegt auch an dem BSW-Abgeordneten Sven Hornauf, einem Dauer-Wackelkandidaten der Koalition.
Hornauf macht keinen Hehl daraus, dass er ein Problem mit dem Haushalt hat, etwa beim Thema Grundsteuer. Mit seiner Zustimmung kann die Koalition nicht planen. Dass SPD und BSW Schwierigkeiten bei der Mehrheitsbeschaffung haben können, hatte bereits die Wahl von Dietmar Woidke als Ministerpräsident im Dezember gezeigt: Damals scheiterte er überraschend im ersten Wahlgang.

Um was geht es für Woidke beim SPD-Landesparteitag?
Gleich nach der Abstimmung über den Haushalt am Freitag steht für die Regierung die nächste Bewährungsprobe an. Diesmal aber nur auf Seiten der SPD. In Cottbus entscheidet die größte Partei des Landes über ihren Vorsitz. Ministerpräsident Dietmar Woidke will sich als Landesvorsitzender wiederwählen lassen. In der Vergangenheit waren ihm große Mehrheiten sicher, das könnte diesmal anders aussehen.
Nach den Turbulenzen im Mai um die Entlassung des Verfassungsschutz-Chefs, dem Rücktritt der Woidke-Vertrauten Katrin Lange (SPD) und dem Rauswurf seines Regierungssprechers stand Woidke vor allem bei den Partei-Linken massiv in der Kritik. Die Auseinandersetzungen in der sonst so geschlossen auftretenden Brandenburget SPD kamen offen zutage.
Über ein vorzeitiges Ende von Woidkes Amtszeit wird schon länger spekuliert, wie auch über seine Nachfolge. Sollte der Haushalt an die Wand fahren, dürfte es den Abschied von Woidke beschleunigen.
Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 17.06.2025, 19:30 Uhr