
Brandenburg Vermummte greifen Teilnehmer von Protestaktion an
Vermummte haben im brandenburgischen Bad Freienwalde Besucher einer Protestaktion gegen Rechtsextremismus attackiert. Es blieb bei leichten Verletzungen. Die Verdächtigen konnten vor Eintreffen der Polizei flüchten.
- Vermummte überfallen Vielfalts-Fest in Bad Freienwalde
- Innenminister Wilke verurteilt Angriff und reist in den Norden von Märkisch-Oderland
- Täter waren jung, sportlich - und konnten flüchten
- Veranstaltung fand danach statt, Polizei verstärkte Aufgebot
Mehrere Vermummte haben die Veranstaltung "Für ein buntes Bad Freienwalde" am Sonntag mit Schlagwerkzeugen bewaffnet angegriffen.
Gegen 12 Uhr verschafften sich in der Karl-Marx-Straße in Bad Freienwalde (Märkisch-Oderland) nach Beobachtung eines rbb-Reporters rund ein Dutzend vermummte Menschen Zugang zum Veranstaltungsort.
Zwei Menschen leicht verletzt, Staatsschutz ermittelt
Die Angreifer attackierten demnach mehrere Teilnehmende, die zum Teil der queeren Community angehören und sich gegen Rechtsextremismus in Brandenburg positionieren. Nach ersten Erkenntnissen seien dabei Holzstöcke oder andere Schlagwerkzeuge eingesetzt worden, wie die Polizei mitteilte. Nach Beobachtungen des rbb-Reporters gab es auch Schläge ins Gesicht. Mindestens zwei Menschen - ein 47 und ein 54 Jahre alter Mann - erlitten dabei nach Polizeiangaben Gesichtsverletzungen.

Einer der maskierten Angreifer schlägt auf einen Besucher ein.
Da ein politischer Hintergrund nicht ausgeschlossen werden kann, habe man eine Ermittlungsgruppe unter Federführung des Staatsschutzdezernates, das für politisch motivierte Straftaten zuständig ist, gebildet, sagte Polizeisprecher Roland Kamenz dem rbb am Montag. Es werde unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung, des Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz und auch zum Verdacht des besonders schweren Falles des Landfriedensbruchs ermittelt.
Die Behörde hatte demnach vor Beginn der Veranstaltung Kontakt mit den Veranstaltern. Einsatzkräfte seien zwar vor Ort gewesen. "Allerdings waren zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt unsere Kräfte nicht so dicht am Geschehen dran, dass wir die Auseinandersetzung verhindern konnten. Es ist uns nicht gelungen, die Täter in der Folge zu stellen, sodass jetzt die Ermittler der Kriminalpolizei gefordert sind", erklärte Kamenz.
"Die Qualität der Auseinandersetzung, die uns da gestern begegnet ist, hatten wir vorher noch nicht hier in unserem Zuständigkeitsbereich," sagte Kamenz. Daher werde der Vorfall "bei künftigen Veranstaltungen in die Beurteilung der Lage mit einfließen und Berücksichtigung finden."
"Es ist relativ schwierig, die Situation zu ertragen"
"Wir waren beim Aufbau und zehn Minuten vor Beginn der Veranstaltung kamen ungefähr ein Dutzend Vermummte mit Quarzsandhandschuhen und Schlagstöcken auf uns zugerannt, haben um sich geschlagen, haben drei Leute verletzt", sagte Jule Grienitz von der Initiative "Bad Freienwalde bleibt bunt", die bei dem Angriff dabei war. Die Angreifer seien von der vom Bündnis bereitgestellten Security-Gruppe abgedrängt worden.
"Es ist relativ schwierig, die Situation zu ertragen." Es seien Kinder vor Ort gewesen, die alles mitbekommen hätten. Grienitz' Angaben zufolge wurden drei Menschen verletzt. "Einer hatte ein richtig großes blaues Veilchen, einer eine blutende Verletzung am Mund und einer eine Prellung im Gesicht."

Innenminister Wilke verurteilt Angriff und reist nach Bad Freienwalde
Der Brandenburger Innenminister René Wilke (parteilos) war am Sonntagnachmittag in Bad Freienwalde und hat mit den Betroffenen und der Polizei gesprochen. Er verurteilte den Angriff in einem Statement.
"Wer Menschen attackiert, die ein Familien- und Kinderfest organisieren oder daran teilnehmen, bewegt sich weit außerhalb dessen, was wir als Gesellschaft akzeptieren können und dürfen. Jene greifen unser Zusammenleben als Gesellschaft selbst an", sagte Wilke. Dagegen müsse man sich gemeinschaftlich einsetzen, unabhängig der politischen Auffassung, "denn es geht um keine Trivialität, sondern den Schutz unveräußerlicher Rechte für uns alle", so Wilke.
"Es ging extrem schnell"
Die Angreifer flüchteten noch vor dem Eintreffen der Polizei. Es soll sich um eine Gruppe von zehn bis fünfzehn Personen handeln. Einige von ihnen waren vermummt, heißt es. Die Polizei konnte die Täter nach eigenen Angaben bislang nicht ausfindig machen, hat aber Ermittlungen wegen gefährlicher Körperverletzung und Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz eingeleitet. Zeugen werden gebeten, ihre Beobachtungen zu schildern.

Die Versammlung wurde fortgesetzt und durch die Polizei geschützt.
"Es ging extrem schnell und wir haben auch selbst einen Moment gebraucht, um zu realisieren, was da überhaupt passiert", sagte Judith Strohm, Sprecherin von "Bad Freienwalde bleibt bunt", nach dem Angriff am Sonntag zu rbb|24. Solch eine gewalttätige Attacke habe es nach Strohms Einschätzung in Bad Freienwalde noch nicht gegeben. "Es gab schon immer, ich sag jetzt mal, die Beobachtung von der anderen Straßenseite, dass Menschen versucht haben, uns zu filmen oder zu fotografieren, dann auch mal einen hässlichen Spruch rübergerufen haben. Aber in dieser Form sind wir tatsächlich noch nie attackiert worden."
Die Angreifer, die sich maskiert hatten, beschrieb Strohm "von der Statur her sehr schlank und von den Bewegungen extrem agil". Sie seien durchtrainiert und sportlich gewesen. "Ich würde mal sagen, in der Tendenz waren es eher jüngere Menschen, also Jugendliche oder junge Erwachsene."
Veranstalter berichten von Störungen im Vorfeld
Die Veranstaltung wurde nach dem Vorfall trotzdem eröffnet. 25 zum Teil schwer bewaffnete Beamte sicherten das Areal ab.
Bereits im Vorfeld hatten die Veranstalter von Störungen berichtet. So seien rund 40 Plakate, die auf die Veranstaltung hinweisen sollten, im Umkreis der Stadt abgerissen und gestohlen worden.
Die Initiative "Bad Freienwalde ist bunt" wurde 2021 gegründet und setzt sich für Vielfalt in der Gesellschaft ein. Bad Freienwalde hat rund 12.000 Einwohner. Die Stadt befindet sich im Osten von Brandenburg, kurz vor der polnischen Grenze. Bei der Bundestagswahl 2025 im Februar wählten hier mehr als 40 Prozent der Menschen die AfD. Der Verfassungsschutzbericht 2023 nennt den Ort auch als einen Treffpunkt der rechten Szene.
Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 15.06.2025, 19:30 Uhr