
Baden-Württemberg Seltene Erden: So abhängig sind Unternehmen in BW vom Rohstoff
Viele Branchen brauchen Seltene Erden - und China hat eine marktbeherrschende Position, die das Land zu nutzen weiß. Wie schwerwiegend wären Lieferengpässe für Unternehmen im Land?
Auf dem G7-Gipfel, der gerade in Kanada stattfindet, dürften die Staats- und Regierungschefs der sieben wichtigsten Industrieländer auch um das Thema Seltene Erden nicht herumkommen. Schließlich hängen viele ihrer Industrien von diesen 17 chemischen Elementen ab - und damit von China, das mehr als 90 Prozent der Seltenen Erden weltweit verarbeitet. Im Handelskonflikt mit den USA hatte die Volksrepublik angekündigt, den Export der Seltenen Erden zu beschränken, um den Druck zu erhöhen.
Die Mitteilung aus Peking sorgte für Aufruhr etwa bei Automobilherstellern oder Elektronikkonzernen. Denn die Seltenen Erden sind ein wichtiger Bestandteil beispielsweise für die Herstellung von Handys oder von Batterien für Elektroautos. Lieferverzögerungen oder gar -stopps würden zu erheblichen Problemen führen.

China hält eine wichtige Position bei Seltenen Erden.
Ein Warnsignal aus China - auch für Unternehmen in BW
Rund zwei Drittel seiner Seltenen Erden bezieht Deutschland aus China. Auch für Unternehmen in Baden-Württemberg ist die Nachricht aus Fernost ein Warnsignal, das sie nicht ignorieren können. Etwa die Firma Stöber Antriebstechnik in Pforzheim. Sie ist Zulieferer für den Maschinenbau - und abhängig von Neodym, einer der 17 Seltenen Erden.
"Ohne Seltene Erden würde bei uns kein einziger Motor das Werk verlassen", sagt Rainer Wegener, Geschäftsführer von Stöber Antriebstechnik. Magnete aus Neodym sind ein wesentlicher Bestandteil der verkauften Motoren. Mit ihnen macht das Unternehmen fast ein Drittel seines Umsatzes.
Ohne Seltene Erden würde bei uns kein einziger Motor das Werk verlassen. Rainer Wegener, Geschäftsführer Stöber Antriebstechnik
Kaum noch eine Maschine kommt ohne Seltene Erden aus
Der Handelsstreit zwischen China und den USA hatte erste Lieferverzögerungen bei Seltenen Erden zur Folge. Auch bei Stöber blieben Lieferungen aus. Das war dank aufgebauter hoher Lagerbestände für das Pforzheimer Unternehmen noch unkritisch, aber: "Wenn wir hier nicht mehr lieferfähig wären, würden etwa 30 Prozent unseres Umsatzes wegbrechen", sagt Wegener.
Noch größer wären die Auswirkungen aber bei seinen Kunden, da kaum noch eine Maschine ohne Seltene Erden auskommt. Ein kompletter Lieferstopp wäre "nicht zu kompensieren, weder für unsere Kunden noch für uns". Bei den Maschinenbauern würde dann der Umsatz laut Wegener einbrechen.
Produktion hängt am Bezug der Seltenen Erden
Das weiß man auch beim Maschinenbauer Trumpf in Ditzingen im Kreis Ludwigsburg. Seine Lasersysteme, die an viele Branchen verkauft werden, enthalten Laserkristalle mit Seltenen Erden wie etwa Ytterbium als Grundstoff. Mit den Lasern werden dann zum Beispiel Batteriezellen geschweißt.
Auch Trumpf hat sich auf mögliche Lieferengpässe vorbereitet und größere Bestände aufgebaut. "Der Handelskonflikt zwischen den USA und China zeichnete sich ab. Und dass früher oder später Seltene Erden durch China als Druckmittel in die Verhandlungsposition eingebracht werden würden, war absehbar", sagt Hagen Zimer, Geschäftsführer der Trumpf Lasertechnik.
Wir kämen in eine Situation, nicht mehr produzieren zu können. Hagen Zimer, Geschäftsführer Trumpf Lasertechnik
Trumpf sieht sich momentan in einer sicheren Position. "Wir können alle Kundenlieferungen vornehmen. Aber die Reichweite ist natürlich begrenzt." Sollte also der Vorrat aufgebraucht sein und das Unternehmen Seltene Erden und veredelte Subkomponenten nicht mehr beziehen können, "kämen wir in eine Situation, nicht mehr produzieren zu können", so Zimer. Mit schwerwiegenden Folgen für Halbleiter- und Automobilhersteller sowie viele andere Industriebereiche.
Darum fährt Trumpf laut Zimer eine "Zwei-Wege-Strategie": zum einen die bestehenden Beziehungen zu China pflegen und ausbauen, zum anderen alternative Handelsketten und -partner in westlichen Ländern suchen. Von der Politik wünscht sich Zimer "eine emanzipierte, ausbalancierte Haltung" gegenüber China: "Wir dürfen nicht vergessen, China ist auch immer noch einer der größten Absatzmärkte für die deutsche Industrie."
Ruf nach mehr Recycling Seltener Erden
Auch die Firma Stöber wird die Entwicklung rund um die Seltenen Erden weiter beobachten und erkundet Möglichkeiten, sie woanders zu beziehen als von China. Zugleich mahnt Geschäftsführer Rainer Wegener an, das "riesige Potenzial an Recycling" von vorhandenen Seltenen Erden stärker zu nutzen.
Politik, Forschung und Industrie sollten eng zusammenarbeiten, um Recycling im industriellen Maß aufzubauen und sich so unabhängiger von China zu machen, so Wegener. Die Politik müsse die Rahmenbedingungen dafür schaffen, "dass die chemische Aufbereitung von Seltenen Erden in Europa wieder möglich wird".
Noch ist die Recylingquote gering. Das Recycling und auch die Verarbeitung sind außerdem aufwendig und umweltschädlich. Der Weg zu größerer Unabhängigkeit von China dürfte lang sein.
Sendung am Di., 17.6.2025 19:30 Uhr, SWR Aktuell Baden-Württemberg, SWR BW