Johann Wadephul

Deutscher Außenminister Wadephul auf Krisenmission

Stand: 16.06.2025 16:22 Uhr

Der israelische Angriff auf iranische Atomanlagen kam für den deutschen Außenminister überraschend. Wadephul änderte daraufhin seine Pläne - und schaltete in den Krisenmodus. Was kann er bewirken?

Von Christina Nagel, ARD-Hauptstadtstudio

Noch einmal ändert Außenminister Johann Wadephul seine Reisepläne. Auf dem Rückweg nach Berlin trifft er in Larnaca seinen zyprischen Amtskollegen Konstantinos Kombos - direkt am Flughafen. Jedes Gespräch ist gerade wichtig. Schließlich ist er der einzige europäische Politiker, der gerade in der Region unterwegs ist. Eine Gelegenheit, die er nutzt.

Auch auf Zypern dreht sich alles um die Frage, wie die militärische Auseinandersetzung zwischen Israel und dem Iran gestoppt und eine Ausweitung der Kampfhandlungen verhindert werden kann. Zypern hat sich als Vermittler angeboten. Nicht ohne Grund - Israel liegt nur 250 Kilometer entfernt. Israelische Fluggesellschaften haben einige ihrer Flugzeuge zur Sicherheit hier untergebracht. Es gibt britische Militärbasen, die für Einsätze im Nahen Osten strategisch wichtig sind.

Karte Zypern

Wadephul äußert sich skeptisch zu einer möglichen Vermittlerrolle des russischen Präsidenten Wladimir Putin im bewaffneten Konflikt zwischen Israel und Iran. Er kenne viele andere gute Personen und auch Staaten, die solch eine Rolle glaubwürdig einnehmen könnten - nicht zuletzt Zypern, sagt Wadephul bei dem Treffen mit Kombos.

"Ich denke, es fehlt jetzt nicht an Personen oder an Staaten, die zur Vermittlung bereit sind, sondern an der Bereitschaft beider Seiten, jetzt die Verhandlung zu suchen", sagt Wadephul. Er appelliert erneut "insbesondere an Teheran", ein klares Zeichen zu geben.

Jeder Gesprächskanal zählt

Die Sorge vor einem Flächenbrand treibt alle um. Von dem Moment an, als Israel angreift und der Iran zurückschlägt. Außenminister Wadephul erfährt von all dem am frühen Freitagmorgen in Kairo. Als einer der Ersten wird er, wie er betont, von seinem israelischen Amtskollegen Gideon Saar über den Beginn der Militäraktion informiert.

Was folgt sind Krisenbesprechungen, Telefonate und ein ausführliches Gespräch mit dem ägyptischen Außenminister Badr Abdel-Atti. Schnell wird klar: Wadephul will in der Region bleiben, um das Gespräch zu suchen mit den Golfstaaten, die über viele direkte Kontakte verfügen, zum Iran, zu den Milizen.

 

Saudi-Arabien, Katar, Oman

Unter Hochdruck und mit viel logistischem Aufwand wird die Reiseroute geändert. Statt in den Libanon, nach Syrien, Jordanien und Israel reist Wadephul in die Golfstaaten.

Es ist nach Mitternacht, als der Außenminister in Riad landet. Nach einem langen ersten Tag im Krisenmodus, der ihm nicht anzusehen ist. Jetzt sei die Stunde der Diplomatie, betont er. Er wolle dazu einen Beitrag leisten.

Ein Schritt, der in der Region begrüßt wird. Sowohl der saudische als auch der katarische und der omanische Außenminister nehmen sich kurzfristig Zeit für ausführliche Gespräche.

Deutschland habe durchaus Gewicht, heißt es am Rande der Treffen von Diplomaten. Und: engen Kontakt zu Israel. Der müsse nun genutzt werden, hatte bereits der ägyptische Außenminister gefordert. Die Bundesregierung müsse der israelischen Seite klar machen, dass die derzeitige Politik weder den Interessen Israels noch den Interessen der Region diene. Sie führe in eine ungewisse Zukunft - zu einer weiteren Eskalation.

 

Warnung vor Doppelstandards

Diplomatisch formuliert Abdel-Atti das, was viele in der Region der deutschen Politik ankreiden: Nachsicht "gegenüber einer extremen und völlig inakzeptablen Politik". Man müsse gemeinsam handeln, damit die Bürger nicht das Vertrauen in die Grundsätze des Völkerrechts und die Charta der Vereinten Nationen verlören, betont er in der Pressekonferenz.

Ob und wie die Kritik der Golfstaaten ausfällt, bleibt offen. Die Gespräche zwischen den Außenministern finden hinter verschlossenen Türen statt. Gemeinsame Pressekonferenzen gibt es nicht.

Die Sorge vor dem Flächenbrand

In einem Punkt sind sich alle einig, das wird während der Reise sehr deutlich: Es muss schnellstmöglich Raum für Verhandlungen geschaffen werden. Auch, um eine Ausweitung des Konfliktes zu verhindern. Jeder Fehlschlag könne dazu führen, dass weitere Staaten in den Konflikt hereingezogen werden, warnt Außenminister Wadephul in den tagesthemen. "Das will niemand in der Region."

Wie schnell es gehen kann, zeigt sich in Katar. Als Außenminister Wadephul am Samstagabend in Doha direkt vom Flughafen zum Gespräch mit dem Premier- und Außenminister Sheik Mohammed al-Thani fährt, hat es neue Angriffe gegeben. Auch die Infrastruktur eines Gasfeldes, das die Kataris gemeinsam mit den Iranern ausbeuten, ist betroffen. Entsprechend angespannt ist die Stimmung.

 

Johann Wadephul, Bundesaußenminister, zum Konflikt zwischen Israel und dem Iran

tagesthemen, 14.06.2025 21:45 Uhr

Vermitteln und Verhandlungen vorbereiten

Was zählt, sind Kontakte, das wird in diesen Tagen der Krisendiplomatie klar. Hinter den Kulissen wird viel telefoniert, Informationen werden ausgetauscht. Jeder nutzt seine Kanäle.

Gerade der Oman gilt als gut vernetzt. In Maskat hätten eigentlich am Sonntag auch die nächsten Gespräche zwischen den USA und dem Iran über das iranische Atomprogramm stattfinden sollen. Stattdessen empfängt Außenminister Badr al-Busaidi nun seinen deutschen Kollegen in seinem imposanten Amtssitz. Dass Wadephul auch hierher kommt, wird als wichtiges Signal gewertet.

Was können solche Gespräche bringen?

Für jemanden, der noch keine sechs Wochen im Amt ist, sind es wichtige Kontakte. Für den CDU-Politiker ist es aber noch mehr. Wadephul gibt sich im Oman überraschend optimistisch. Er sieht durchaus die Chance, dass es schon in der kommenden Woche zu Verhandlungen kommen könnte.

Auf die Frage, was er konkret erreicht habe, kommt die Antwort prompt: Er habe erreicht, dass "es gemeinsam eine Auffassung davon gibt, dass eine Verhandlungslösung das Ziel sein muss". Dass eine kriegerische Auseinandersetzung nur zu einer weiteren Eskalation führen kann - und nur zu mehr Problemen in der Region. Das sei ein wichtiger erster gemeinsamer Punkt.

Naiv sei er aber nicht, schiebt er hinterher. Er wisse, dass es weitere Anstrengungen braucht. Denn sicher ist zurzeit nichts. Die Angriffsspirale dreht sich weiter. Ein Flächenbrand in der Region ist noch lange nicht abgewendet.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 16. Juni 2025 um 16:47 Uhr.