
Iranische Atomanlagen Was über den US-Angriff bekannt ist
Die USA haben die iranischen Atomanlagen angegriffen. Wie lief der Einsatz "Mitternachtshammer" ab? Wie groß sind die Schäden? Was ist über die Strahlenbelastung bekannt - und wie reagiert der Iran?
Welche Anlagen wurden angegriffen?
Neben der Anlage Fordo griffen die USA auch die Anreicherungsanlage von Natans und die Atomanlage von Isfahan an. Isfahan wurde nach Angaben des US-Verteidigungsministeriums mit Marschflugkörpern angegriffen, die beiden anderen Anlagen mit den schwersten bunkerbrechenden Bomben im Arsenal des US-Militärs.
Es handelte sich dabei um die Bomben vom Typ GBU-57, auch bezeichnet als Massive Ordnance Penetrator. Ihre hohe Durchschlagskraft erlangen sie vor allem durch ihr Gewicht von mehr als 13 Tonnen. Nach Angaben der US-Armee soll der "Bunkerbrecher" Fels oder Stahlbeton bis zu 60 Meter durchdringen können, bevor er detoniert.
Insgesamt wurden den Angaben zufolge 14 dieser Bomben abgeworfen. Es sei der erste operative Einsatz dieser Waffe gewesen. Teile der Atomanlage Natans liegen unterirdisch, Fordo ist vollständig in einem Bergmassiv errichtet worden und daher noch stärker geschützt.
In einem Briefing schilderte das Pentagon Einzelheiten des Einsatzes, dem sie den Namen "Mitternachtshammer" gegeben haben. Durchgeführt wurde er demnach von sieben Tarnkappenbombern vom Typ B2, die aus den USA gestartet waren und mehrfach in der Luft betankt wurden.
Medien hatten im Vorfeld bereits aufgrund von Flugbewegungen solcher Bomber über dem Pazifik über einen bevorstehenden Militärschlag spekuliert. Ein ranghoher General erklärte, dies sei allerdings nur eine Täuschung gewesen.
Inklusive aller Tank- und Begleitflugzeuge zum Schutz seien 125 Maschinen beteiligt gewesen.

Wann begann der Angriff der USA auf Irans Atomanlagen?
Die erste Meldung über den Eintritt der USA in den Krieg zwischen Israel und dem Iran lief in der Nacht vom Samstag auf Sonntag über die Nachrichtenagenturen. Das Verteidigungsministerium erklärte, um 23 Uhr MESZ habe ein U-Boot die Marschflugkörper auf Isfahan abgefeuert worden. Zwischen 0:40 Uhr und 1:05 MESZ seien die Bomben auf Natans und Fordo gefallen.
Um 1:54 Uhr MESZ verbreitete die Nachrichtenagentur Reuters die Mitteilung von US-Präsident Donald Trump auf seinem Netzwerk Truth Social, dass die USA einen erfolgreichen Angriff auf drei nukleare Anlagen im Iran abgeschlossen hätten. Alle US-Flugzeuge hätten sicher den iranischen Luftraum verlassen.
Die halboffizielle iranische Agentur Fars berichtete, einer ihrer Reporter habe gegen 0.35 Uhr MESZ den Einsatz von Flugabwehr gehört und zwei Minuten später erste Explosionen.
Wie groß sind die Schäden?
Das lässt sich zur Stunde noch nicht verlässlich abschätzen. Laut Trump wurden die Anlagen komplett zerstört. Die iranische Agentur Irna verbreitet einen anderen Eindruck und meldet, ein Teil des Bereichs um die Uran-Anreicherungsanlage Fordo beschädigt worden und beruft sich auf die Krisenmanagementzentrale der betroffenen Provinz.
Der US-Generalstab erklärte, die Bewertung werde noch eine Weile andauern. Man habe aber enorme Zerstörung angerichtet. Die deutlichen Worte von Trump wiederholte Generalstabschef Caine nicht. Die Bundesregierung geht nach eigenen Angaben davon aus, dass bei dem US-Angriff große Teile des iranischen Nuklearprogramms beeinträchtigt wurden.
Der Chef der Internationalen Atomenergieagentur, Rafael Grossi, erklärte auf CNN, es sei klar, dass die Anlage Fordo von US-Luftangriffen getroffen worden sei. Eine Beurteilung der Schäden im Untergrund sei jedoch bisher nicht möglich gewesen. Die IAEA-Inspektoren konnten die iranischen Atomanlagen seit dem Beginn der israelischen Angriffe am 13. Juni nicht in Augenschein nehmen.
Gibt es Informationen über eine erhöhte Strahlenbelastung?
Darauf gibt es bislang keinen Hinweis. Die Atomenergieorganisation IAEA teilte mit, bislang sei keine erhöhte Strahlenbelastung auf den Anlagen festgestellt worden. IAEA-Chef Rafael Grossi berief für den morgigen Montag eine Dringlichkeitssitzung des IAEA-Gouverneursrats ein.
Die Internationale Atomenergieagentur erklärt, dass die angegriffenen iranischen Anlagen in Isfahan entweder kein oder nur geringe Mengen an nuklearem Material enthielten. Eine mögliche Verseuchung sei auf die beschädigten oder zerstörten Gebäude beschränkt, teilt die IAEA mit. Bei dem Material habe es sich um natürliches oder niedrig angereichertes Uran gehandelt.
Georg Steinhauser, Professor an der Technischen Universität Wien, sagte der Nachrichtenagentur dpa, von den beschädigten Anlagen gehe keine Gefahr für die Welt aus. Sollten die Zentrifugen der Anreicherungsanlagen mit Uran bestückt gewesen sein, hätte es sich um eine geringe Menge gehandelt. Uran sei bedingt durch seine lange Halbwertzeit fast nicht radioaktiv. Würde es freigesetzt, würde es zu einer lokalen Belastung mit dem Schwermetall führen, nicht aber zur Freisetzung einer radioaktiven Wolke wie im japanischen Fukushima oder im sowjetischen bzw. ukrainischen Tschernobyl.
Das iranische Atomprogramm dürfte in Trümmern liegen, meinte Steinhauser. Es dürfte Jahre "oder womöglich Jahrzehnte" brauchen, um das iranische Atomprogramm wieder aufzubauen.
Gibt es iranische Gegenangriffe?
Laut US-Militär stieß das Bombardement auf keinerlei Widerstand. Beim Anflug auf das Zielgebiet seien mit Hilfe von Kampfflugzeugen mehrere "Täuschungstaktiken" eingesetzt worden, um mögliche feindliche Flugzeuge und Boden-Luft-Raketen zu verwirren.
US-Jets hätten dabei auch auf mögliche iranische Boden-Luft-Bedrohungen ins Visier genommen. Der Iran habe letztlich auf die angreifende Flugzeugflotte keinen Schuss abgefeuert.
Auf Einrichtungen des USA-Militärs in der Region gab es bisher keine Gegenangriffe - allerdings auf Israel. Der staatliche iranische Rundfunk berichtete, mindestens 30 Raketen seien auf Israel abgefeuert worden. Zehn der Geschosse sollen unter anderem im Zentrum Israels eingeschlagen sein, melden israelische Medien, unter anderem in Wohngebieten in Tel Aviv, Nes Tziona und Haifa.
Berichte über iranische Angriffe auf das US-Militär in der Region gibt es vorerst nicht. Die USA haben in der Region mehrere Stützpunkte, auf denen und 40.000 Soldatinnen und Soldaten stationiert sind. Die Stützpunkte in Bahrain und Katar am Persischen Golf etwa sind Luftlinie nicht weit vom Iran entfernt. Zudem befinden sich viele US-Kriegsschiffe in der Region.
Die Sorge, dass US-Soldaten in der Region Ziel von Vergeltungsangriffen werden könnten, war in den vergangenen Tagen Teil der innenpolitischen Diskussion in den USA darüber, ob die USA in den Krieg gegen den Iran eintreten sollten.

Die Karte zeigt US-Stützpunkte im Nahen Osten
Warum haben die USA jetzt den Iran angegriffen?
Die USA verlangen - wie Israel - seit Jahren, dass der Iran sein Atomprogramm beendet. Sie werfen der Führung in Teheran vor, zur Atommacht werden zu wollen und in seinen Anlagen auf den Bau von Atombomben hinzuarbeiten.
Der Iran hat diesen Verdacht stets von sich gewiesen und sein Atomprogramm als rein zivil bezeichnet. Die IAEA aber warf dem Land vor Kurzem erst vor, die Produktion beinahe waffentauglichen Urans zuletzt stark erhöht zu haben. Demnach verfügt Teheran nun bereits über fast 409 Kilogramm an Uran mit einem Reinheitsgrad von 60 Prozent. Für eine zivile Nutzung von Uran ist ein weit geringerer Anreicherungsgrad erforderlich. IAEA-Chef Grossi sagte Mitte der Woche aber auch, es gebe keine Beweise für einen systematischen Versuch Irans, an Atomwaffen zu gelangen. Er schloss gegenüber dem Sender CNN jedoch nicht aus, dass es versteckte Aktivitäten gegeben haben könnte.
Trump, der in seiner ersten Amtszeit das internationale Atomabkommen mit dem Iran verlassen hatte, hatte nach seiner Rückkehr ins Amt auf eine diplomatische Lösung des Konflikts um Irans atomare Aktivitäten gedrängt. Noch vor einer Woche sollten dazu weitere Gespräche im Oman stattfinden.
Die vorherigen Gespräche hatten sich jedoch zunehmend schwierig gestaltet, hieß es von Beobachtern. Nachdem Israel dann am 13. Juni die iranischen Atomanlagen sowie militärische Anlagen und führende Vertreter des Militärapparates angegriffen hatte, änderte sich Trumps öffentliche Haltung.
Zwar forderte er weiter eine diplomatische Lösung, forderte dann aber am vergangenen Dienstag eine "bedingungslose Kapitulation", verbunden mit Drohungen gegen Irans Revolutionsführer Ajatollah Ali Chamenei und setzte eine Frist von 14 Tagen. Zugleich ließ er den Iran und die Weltöffentlichkeit im Unklaren, was er plane und vorhabe - niemand wisse, was er tun werde, betonte er öffentlich.
Innerhalb seines MAGA-Lagers ("Make America Great Again") traf Trump auf massive Kritik für seine angedeutete Bereitschaft, den Iran zugreifen. Vertreter des isolationistischen Flügels sahen darin einen gravierenden Verstoß Trumps gegen das Versprechen Trumps, die USA nicht mehr in militärische Abenteuer zu führen.
Die Vertreter einer klassischen Außenpolitik der USA drängten Trump dagegen, sich noch stärker an die Seite Israels zu stellen und den Umstand zu nutzen, dass der Iran seit den israelischen Angriffen vom vergangenen Jahren und vor allem seit dem 13. Juni militärisch massiv geschwächt ist und insbesondere Angriffen aus der Luft kaum etwas entgegensetzen kann. Offenbar haben sie sich bei dem wankelmütigen Trump durchgesetzt.
Welchen militärischen Unterschied macht das Eingreifen der USA?
Da wesentliche Teile der iranischen Atomanlagen unterirdisch gebaut sind, stand Israel von Anfang an vor einem Dilemma. Dank der Überlegenheit seiner Luftwaffe konnte es es zwar die oberirdischen Anlagen des Atomprogramms in Isfahan, Natans und auch das AKW Buschehr angreifen.
Den unterirdischen Anlagen vor allem in Fordo konnte Israel aber nach Expertenmeinung keinen entscheidenden Schlag versetzen. Diese ist so tief in einem Bergmassiv in der Region Ghom verbaut, dass sie nach einhelliger Meinung von Militäranalysten nur durch eine bunkerbrechende Bombe zerstört werden kann, über die allein die USA verfügen. Die GBU-57 wiegt rund 13 Tonnen und kann auch nur von einem einzigen Flugzeugtyp transportiert werden - den B2-Bombern, über die auch nur die USA verfügen. Bitten Israels an die USA, ihr die Bombe zu überlassen, sollen von den USA seit Jahren zurückgewiesen worden sein.
Zuletzt waren Diskussionen darüber aufgekommen, wie viele GBU-57 eingesetzt werden müssten, um Fordo zu zerstören - und ob möglicherweise selbst sie an der Tiefe und den dicken Stahlbetonmauern scheitern würden, die in geschätzt 60 bis 80 Meter Tiefe in das Bergmassiv südlich von Ghom gebaut worden sein sollen. Einzelne Experten sollen zu der Einschätzung gelangt sein, dass nur taktische Atomwaffen Fordo zerstören könnten. Berichte, dass ein solcher Einsatz innerhalb der US-Führung erwogen worden sei, wurden dementiert.